Der Business Coaching Podcast

Psychologisch fundiert und praxisorientiert unterstützt Sie »Der Business Coaching Podcast« bei Führung, Selbstmanagement und persönlicher und Neuorientierung.

#14 Im Home Office aktiv Grenzen setzen
Der Business Coaching Podcast

Gerade für mobil Arbeitende ist aktives Grenzmanagement der Schlüssel zu Gesundheit und nachhaltiger Arbeitsfähigkeit. Doch wie gelingt es, privates und berufliches bewusst zu trennen? Wie schaffen wir es, auch und gerade im Home Office, wirklich abzuschalten? Darüber spreche ich mit der Psychologin Sophie Schepp, die genau zu diesen Fragestellungen forscht. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der renommierten Universität St. Gallen ist sie Coautorin der Langzeitstudie Studie „social health@work“. In Kooperation mit der BARMER untersucht sie in dieser Studie Faktoren der sozialen Gesundheit am Arbeitsplatz.




#13 MY UNIQUE SELLING PROPOSITION
Der Business Coaching Podcast

Was macht Sie einzigartig auf Ihrem beruflichen Gebiet? Was unterscheidet Sie als professionelle Person von anderen?

Aufgrund individueller Erfahrung, Kompetenz und Persönlichkeit ist jede und jeder von uns eine einzigartige professionelle Person. Dieses Alleinstellungsmerkmal wird USP genannt, die Abkürzung steht für „Unique Selling Propositon“. Wenn wir im Coaching den USP herausarbeiten, wird meinen Coachees ihr professionelles Profil bewusst. Dies stärkt ihr Selbstvertrauen und ihre Fähigkeit, positiv über sich selbst zu sprechen. In vielen beruflichen Situationen ist es ausgesprochen hilfreich, den eigenen USP zu kennen und in Form einer positiven, starken und prägnanten Selbstpräsentation jederzeit „aus der Tasche ziehen“ zu können.

Möchten Sie erfahren, wie wir im Coaching den USP herausarbeiten? Dann hören Sie gerne mal rein!

Was macht Sie einzigartig auf Ihrem beruflichen Gebiet? Was unterscheidet Sie, als professionelle Person von anderen? Können Sie sich stark, selbstbewusst und präzise beschreiben?

Nein?

Den meisten Menschen, auch Führungskräften, fällt es schwer, die eigenen Stärken als solche zu erkennen und diese auch klar zu kommunizieren; Sich selbst als einzigartig zu präsentieren; Von „ich“ statt „wir“ zu sprechen.

Aufgrund individueller Erfahrung, Kompetenz und Persönlichkeit ist jede und jeder meiner Coachees eine einzigartige professionelle Person. Dieses Alleinstellungsmerkmal wird im Englischen unique selling propositon genannt und ist unter der Abkürzung USP bekannt. Wenn wir im Coaching den USP herausarbeiten, wird meinen Coachees ihr professionelles Profil bewusst. Dies stärkt ihr Selbstvertrauen und die Fähigkeit, positiv über sich selbst zu sprechen. Nicht nur im Rahmen von Bewerbungen, auch für Beförderungen, Netzwerk-Gespräche oder um die eigene Position im Unternehmen zu festigen, ist es ausgesprochen hilfreich, den eigenen USP zu kennen. Und in Form einer positiven, starken und prägnanten Selbstpräsentation jederzeit sozusagen „aus der Tasche ziehen“ zu können.

Paula Wichert möchte innerhalb ihres Unternehmens in einen anderen Bereich wechseln. Sie weiß bereits, mit welchen Personen sie dafür sprechen möchte und muss. Auf die Gespräche will ich sie im Coaching vorbereiten.

Paula: Ich weiß, dass ich mich in den Gesprächen gut darstellen muss, aber meine Arbeit spricht doch für sich, oder? Alle aus meiner Abteilung, mein Team, meine Führungskräfte und meine Mitarbeiter, wissen um meine Qualitäten und was ich für gute Arbeit leiste. Ich mag es einfach nicht, mich so marktschreierisch zu präsentieren…

Karin: Ja, so geht es vielen meiner Coachees. Es fällt vielen nicht leicht, die eigenen Stärken selbstbewusst zu präsentieren. Besonders für Menschen mit hoher Teamorientierung ist es herausfordernd, den eigenen Anteil an Erfolgen herauszustellen.

Paula: Mir fällt es einfach unheimlich schwer, über mich selbst zu sprechen. Die Arbeit die ich leiste, funktioniert doch vor allem durch gute Teamarbeit. Ohne meine Kollegen und Kolleginnen wäre auch meine Arbeit nicht so wirksam.

Karin: Ja, das ist sicherlich wahr. Das Ziel ist nicht, protzig alle Erfolge des Teams als eigene Verdienste darzustellen. Sondern angepasst an die jeweilige Situation zu kommunizieren, welche ihrer Fähigkeiten zu den Erfolgen beigetragen haben und mit welchen Eigenschaften Sie Ihr Team stärker machen. Und wenn Ihnen klar ist, was genau das ist – dabei kann die gemeinsame Arbeit am USP helfen – dann können Sie das auch authentisch und selbstbewusst ansprechen.

Paula: Wenn Sie es so formulieren, kann ich es mir schon eher vorstellen. Mit so einer Vorbereitung kann ich sicher besser in die anstehenden Gespräche gehen.

Karin: Dann lassen Sie uns in die USP-Arbeit einsteigen. Die generelle Frage ist: Was macht Sie einzigartig als professionelle Person? Da das sehr abstrakt und weitgefasst ist, haben wir 4 Kategorien entwickelt. Die erste Kategorie ist Ihre Einzigartigkeit auf Ihrem Gebiet und hier teilen wir auf in Ihre Erfahrung, Ihre Haltung und Ihre Herangehensweise. Die zweite Kategorie sind ihre Stärken. Als drittes wollen wir herausarbeiten, was Ihnen in Bezug auf Führung wichtig ist, bzw. wie Sie führen. Und als viertes beschäftigen wir uns mit Ihren Werten.

Paula: Das hört sich gut an und beim Thema Erfahrung fällt mir auch gleich was ein.

Karin: Dann beginnen wir bei der Erfahrung, die Sie beruflich haben, das eignet sich gut als Einstieg. Was ist Ihnen eingefallen?

Paula: Also ich habe ein Ingenieursstudium gemacht und man hat mir nach dem Bachelor einen Job im Qualitätsmanagement angeboten, wo ich schon als Werkstudentin gearbeitet habe. Nach zwei Jahren habe ich berufsbegleitend einen MBA draufgesetzt. Ich kenne also sowohl die technische als auch die betriebswirtschaftliche Seite und habe deutlich mehr Berufserfahrung als Kollegen, die klassisch Bachelor, Master und vielleicht noch Promotion als Ingenieure gemacht haben.

Karin: Sie haben also Kenntnisse von zwei Seiten und dazu noch umfangreiche Praxiserfahrung, das ist schon etwas Besonderes und sollte in Ihrem USP nicht fehlen.

Paula: Ja stimmt. Und dann habe ich natürlich schon etliche Projekte gemacht. Also ich habe häufig Projekte angestoßen und dann auch geleitet, weil ich gerne was bewege. Da kriegt man dann schnell viel Verantwortung umgehängt (lacht) …

Karin: Hier nennen Sie verschiedene Aspekte. Fangen wir mal vorne an: Projektmanagement ist also etwas, was Sie schon viel gemacht haben?

Paula: Ja genau, und eben nicht nur Management, sondern auch die Initiierung von Projekten.

Karin: Also Projektmanagement, Projektinitiierung und auch Projektleitung, sie haben ja auch viele Projekte geleitet, sagen Sie. Das sind elementare Erfahrungen. Fallen Ihnen noch weitere Aspekte Ihrer Erfahrung ein?

Paula: Naja, ich habe schon in verschiedenen Ländern gearbeitet, aber das ist ja heutzutage nichts Besonderes mehr.

Karin: So würde ich das nicht sagen. Internationalität ist immer eine Stärke. In welchen Ländern haben Sie denn schon gearbeitet?

Paula: In Deutschland, Spanien, Portugal und USA. Im Studium habe ich ein Auslandssemester in China gemacht und mein Masterstudium war zur Hälfte in London.

Karin: Das heißt, Sie haben Erfahrung in 6 Ländern und auf 3 Kontinenten. Das ist definitiv etwas Besonderes und gehört unbedingt in Ihren USP!

Paula: Ja stimmt, jetzt wo Sie es sagen … So würde man das selbst nie formulieren, aber es klingt ziemlich gut.

Karin: Da sind Sie absolut nicht allein. Viele Menschen sind sich gar nicht klar darüber, dass Dinge, die sie für selbstverständlich nehmen, sehr besondere Eigenschaften sind.

Paula: Ich kann gut mit unterschiedlichen Menschen und Kulturen, dafür muss man offen sein und man muss auch gut integrieren können.

Karin: Mir fällt auf, dass Sie häufig von „man“ statt von „ich“ sprechen. Auch das begegnet mir häufig bei Führungskräften, die viel für sich und ihr Team denken. Aber in ihrem USP soll es nur um Sie gehen. Man könnte also sagen, Sie sind offen und integrativ.

Paula: Ja genau, das kennzeichnet auch meinen Führungsstil, absolut. Ich kann super gut mit diversen Teams arbeiten, nicht nur was Kultur betrifft, sondern auch Alter. Obwohl ich der Youngster in unserem Team bin, haben alle zugestimmt, dass ich Nachfolgerin meines Chefs werde, auch die Erfahrungsträger. Ich wertschätze aber auch deren Erfahrung, das war auch der Schlüssel dafür, dass sie bei der Neuausrichtung mitgezogen haben.

Karin: Sehr schön, da haben Sie gleich mehrere Stärken genannt, die gleichzeitig auf den Bereich Leadership einzahlen: Offenheit, Integrationsfähigkeit und Führung und Neuausrichtung diverser Teams.

Paula: Und man muss Verantwortung – nein: Ich habe selbst immer Verantwortung übernommen, für die Projekte und schon sehr früh auch Führungsverantwortung. Und diese Eigenverantwortung fördere ich auch im Team.

Karin: Eigenverantwortung, das ist ein wichtiger Wert von Ihnen, genauso wie Wertschätzung und Diversität.

Paula: Ja, genauso möchte ich arbeiten und führen – und übrigens auch geführt werden.

Karin: Ich finde, wir haben Ihren USP jetzt sehr klar herausgearbeitet. Können Sie das spontan in einer kurzen Selbstpräsentation mal zusammenfassen?

Paula: Ich versuch´s einfach mal. Also: Mit meiner Doppelausbildung – Ingenieurin und MBA haben ich in 6 Ländern auf drei verschiedenen Kontinenten Erfahrungen gesammelt. Ich habe vielfältige Projekte initiiert und auch geleitet. Ich arbeite gerne in und mit diversen Teams, bin integrativ und wertschätzend. Mit viel Eigenverantwortung habe ich schon sehr früh disziplinarische Führungsverantwortung übernommen und eigeninitiativ mein sehr diverses Team – manche fast doppelt so alt wie ich – komplett neu aufgestellt.

Karin: Super! Wie geht es Ihnen mit dem, was wir herausgearbeitet haben?

Paula: Es fühlt es sich richtig gut an. Wie ein total ehrliches positives Feedback. Ich hätte das schon eher mal machen sollen. Ich glaube hinter diesen Dingen kann ich ganz authentisch stehen und sie genauso auch kommunizieren.

Nach diesem Prinzip gehe ich mit meinen Coachees vor, wenn wir ihren USP herausarbeiten. Wir sammeln ihre charakteristischen Erfahrungen, identifizieren ihre Stärken, was ihnen als Führungskraft wichtig ist und ihre Werte. Natürlich überschneiden sich die Aspekte teilweise, schließlich sind die Kategorien alle miteinander verknüpft. Dennoch können sie eine gute Gedächtnisstütze und Inspirationsquelle sein, um die verschiedenen Bereiche, in denen man sich als professionelle Persönlichkeit bewegt, abzudecken.

Es geht bei einer wirklich überzeugenden und sympathischen Selbstdarstellung absolut nicht darum, mit Floskeln um sich zu werfen, die sich vermeintlich gut anhören. Oder Kompetenzen zu benennen, die vielleicht gar nicht zu den eigenen Signaturstärken gehören. Vielmehr geht es beim USP darum, präzise darzustellen, was Ihre spezifischen Eigenschaften und Fähigkeiten sind und diese selbstbewusst zu benennen. Natürlich gilt es, die Selbstpräsentation an das jeweilige Gegenüber und dessen Vorstellungen und Wünsche anzupassen, aber immer in einem Rahmen, in dem Sie noch authentisch sagen können: Das bin ich.




#12 Familie und Führung: Mehrfachbelastung oder Mehrfachbereicherung?
Der Business Coaching Podcast

Mutter oder Vater und gleichzeitig Führungskraft sein – wie lässt sich das beides gut vereinbaren? Wo liegen die zentralen Herausforderungen in der Doppelrolle und gibt es daran auch positive Seiten? Wie kann die Rollenvielfalt zur „Mehrfachbereicherung“ statt zur „Mehrfachbelastung“ werden? Warum ist Me-Time psychologisch betrachtet gerade im Spannungsfeld Familie und Führung so wichtig? Und welche Rolle spielt die Unterstützung durch die Vorgesetzten?

Über diese Fragen spreche ich mit der Psychologin, Coaching-Forscherin und Assistenzprofessorin Dr. Sandra Diller, deren Buch „Familie, Führung und Ich“ kürzlich im Springer Verlag erschienen ist. Hören Sie gerne mal rein!

Mutter oder Vater und Führungskraft sein – wie lässt sich beides gut vereinbaren? Wo liegen die zentralen Herausforderungen in der Doppelrolle und gibt es auch positive Seiten dieser Rollenvielfalt? Warum ist Me-Time psychologisch betrachtet gerade im Spannungsfeld Familie und Führung so wichtig? Und welche Rolle spielt die Unterstützung durch die Vorgesetzten?

Heute ist meine Kollegin Dr. Sandra Diller zu Gast bei mir, ihr Buch „Familie, Führung und ich“ soeben im Springer Verlag erschienen.

Sandra Diller ist Psychologin und Forscherin und Coach. Sie ist als Assistenzprofessorin für Organisationspsychologie an der Privatuniversität Schloss Seeburg tätig, als PostDoc am LMU Center for Leadership and People Management in München und sie ist Affiliate am Institute of Coaching der Harvard Medical School.

Herzlich willkommen, liebe Sandra, ich freue mich schon sehr auf den Austausch mit dir!

 

Herzlichen Dank für die Einladung. Ich freue mich auf unser Gespräch und vor allem auf Einblicke und Deine Erfahrungen aus der Coachingpraxis zu unserem Thema!

 

Als du mir das druckfrische Exemplar deines Buches geschenkt hast, wunderbar verpackt in einem von deiner kleinen Tochter verzierten Umschlag, habe ich es tatsächlich in einem Rutsch durchgelesen. Und das liegt nicht nur an der elternfreundlichen Kürze und Prägnanz, sondern vor allem daran, dass die Mischung zwischen wissenschaftlicher Fundierung und griffigem Praxistransfer super gelungen ist.

 

Danke, das ist ein tolles Feedback. Da ich weiß, wie kostbar Zeit ist für Eltern in Führungspositionen, wollten wir wissenschaftliche Fakten und umsetzbare Ideen in einem kurzen Format zur Verfügung zu stellen.

 

Das Thema ist top-aktuell. Vereinbarkeit von Führung und Familie, das betrifft ja, im Zeichen des Rollen- und Wertewandels, Männer wie Frauen. Darüber hinaus werden durch das Arbeiten im Home Office die Grenzen zwischen Job und Privatleben mehr und mehr aufgeweicht. Oder müssen sehr bewusst und eigenständig definiert werden.

Sandra, was hat dich persönlich an dem Thema besonders gereizt?

 

Als Carolin Graßmann mit dem Forschungsthema auf mich zukam, war ich sofort dabei und überzeugte sie im Gegenzug davon, wie wichtig ein anwenderfreundliches Buch dazu wäre. Als Mama in Führungsposition lag mir das Thema auch ganz privat auf dem Herzen. Bei dem Thema finde ich besonders die unterschiedlichen Rollen und die damit einhergehenden Rollenkonflikte spannend. Vor allem aber finde ich es wichtig, hier nicht wie oft von einer Mehrfachbelastung zu sprechen, sondern auch die positive Seite der vielen Rollen zu sehen: Mit der Elternrolle erlernt oder verfestigt man viele Kompetenzen wie Geduld, Verständnis oder Organisationsfähigkeit, die auch im Führungs- oder Berufsalltag relevant sind. Umgekehrt kann einem die Führungsrolle viel für die Elternrolle bringen, da hier beispielsweise soziale und organisationale Kompetenzen gestärkt werden.

Ihr schreibt in diesem Zusammenhang von „Mehrfachbereicherung statt Mehrfachbelastung“ – das hat mir sehr gut gefallen!

Ich habe tatsächlich bei Coachees, die ich über einen längeren Zeitraum begleiten darf, genau diesen Eindruck. Dass Sie durch die Familie lernen, klarer zu priorisieren und selbstbewusster und selbstbestimmter zu agieren.

Eine Coachee kam das erste Mal zu mir, als sie eigentlich das Familienunternehmen, für das sie tätig war, wechseln wollte. Obwohl sie inzwischen Teamleiterin war, wurde sie dort von vielen immer noch als Werkstudentin gesehen. Ihr Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität hat sie lange daran gehindert, die Stelle zu wechseln. Inzwischen hat sie zwei Kinder und hat nach jeder Elternzeit ein, zwei Coachingsessions bei mir gebucht – zum Wiedereinstieg. Mit jedem Mal ist sie deutlich selbstbewusster geworden. Kürzlich hat sie mir Ihre neuen Kontaktdaten geschickt – von dem internationalen Konzern, der sie schon immer gereizt hat.

 

Das finde ich ein sehr schönes Beispiel. Es ist wichtig, diese Mehrfachbereicherung nicht nur für sich selbst zu erkennen, sondern auch dem Arbeitgeber sichtbar zu machen. Einen schönen neuen Trend konnte ich auf LinkedIn beobachten, wo Eltern ihre in der Elternzeit neu erworbenen Kompetenzen auflisten, um klarzustellen, dass Elternzeit auch Personalentwicklungszeit ist.

Trotz aller Vorteile bringt das Eltern- und gleichzeitig Führungskraft-Sein aber auch Schwierigkeiten mit sich. Wo liegen – psychologisch betrachtet -die Herausforderungen dieser Doppelrolle?

 

Eine zusätzliche Rolle – egal welche – birgt natürlich die Gefahr, in Rollen- und Zeitkonflikte zu geraten. Bereits die Führungsrolle kann zu Rollen- und Zeitkonflikten führen, da oft erwartet wird, als Führungskraft rund um die Uhr erreichbar zu sein. Ebenso stehen berufstätige Eltern im Rollen- und Zeitkonflikt zwischen Arbeit, Familie und Zeit für sich. Trifft beides aufeinander, also Familie und Führung, können daher schnell Rollenkonflikte entstehen – vor allem bei sehr leistungsorientierten Personen.

 

Höchstleistungsorientiert, das sind viele meiner Coachees und was sie typischerweise in der Familienphase tun: Sie streichen die „Me-Time“.

Eine Übung, die ich zur Work-Life-Balance gerne mache, ist das Lebensrad. Als Visualisierung dient ein Kreis, der in 4 Viertel aufgeteilt ist, die für die 4 Lebensbereiche Führung, Familie, Gesundheit und Persönliche Entwicklung stehen. In jedem dieser 4 Bereiche identifizieren wir die Kraftquellen, die Tankstellen. Vor allem bei jungen Eltern ist das vierte Viertel – die persönliche Entwicklung – regelmäßig leer. Viele Führungskräfte – weibliche wie männliche – finden das ganz normal. „Ich arbeite so viel, da gehört meine wenige Freizeit ganz und gar der Familie. Inzwischen bin ich ein hobbyfreier Mensch!“

 

Das habe ich in meinem Coaching- und Trainingsalltag auch mitbekommen. Der Part „Ich“ wird meist als Erstes vernachlässigt, dabei ist es der Wichtigste: Wenn ich selbst keine Energie, Ressourcen, Selbstführung oder Selbstmitgefühl habe, wie soll ich das dann an andere weitergeben? Das ist wie ein Krug Wasser, den man nicht auffüllt, und mit dem man dennoch weiter Gläser füllen will. Es ist unheimlich wichtig, dass dieser Krug gefüllt ist – vor allem, wenn man viele unterschiedliche Gläser, also Rollen, ausfüllen muss. Diese Rollen können neben Mutter oder Vater und Führungskraft auch Tochter oder Sohn, Partner, Berufstätige, Freund oder Freundin und so weiter sein.

Das ist ein sehr schönes Bild, mit dem Krug…

 

Und um den Krug wieder auffüllen zu können, dürfen wir unsere Grundbedürfnisse nicht vernachlässigen: Auf physiologischer Ebene haben wir ein Bedürfnis nach Schlaf, Essen, Trinken, usw.

Aber auch auf psychologischer Ebene gibt es Grundbedürfnisse: Nach der Selbstbestimmungstheorie der Forscher Richard Ryan und Edward Deci sind das Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. Diese drei Aspekte (Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit) bestimmen auch durch empirische Studien gestützt unter anderem stark unser Energielevel, unsere Zufriedenheit und unsere Leistung. Werden sie nicht oder nicht ausreichend erfüllt, kann das zu Frustration oder Antriebslosigkeit führen – und so natürlich negative Auswirkungen auf Job UND Familie, zuallererst aber auf uns selbst haben.

Es ist also zentral gut für sich zu sorgen – auf physiologischer und psychologischer Ebene – und zu reflektieren, welche Bedürfnisse ich habe und welche Freiräume und Ressourcen ich brauche. Insbesondere, wenn ich mehr als eine Rolle erfüllen will oder muss.

 

Und dies dann auch zu kommunizieren! Einer meiner Coachees beispielsweise – er arbeitet überwiegend im Homeoffice – hat kein Problem mit langen Arbeitszeiten. Lediglich die Zeit zwischen 18 und 19.30 ist ihm heilig, da findet das Familiendinner statt und anschließend bringt er seine kleine Tochter ins Bett. Regelmäßig ruft seine neue Chefin sie in genau dieser Zeit an, weil es für sie gerade gut passt, sie ist im Auto auf der Heimfahrt vom Büro. Wir haben im Coaching herausgearbeitet, wie wichtig es ist, der Chefin nicht nur bei diesen Anrufen zu sagen, dass das für ihn nicht passt, sondern dieses Thema in einem Jour Fixe dezidiert anzusprechen – freundlich, klar und selbstbewusst. Das Gespräch haben wir im Coaching vorbereitet und die neue Vereinbarung zwischen meinem Coachee und seiner Chefin lautet, dass sie nur in wirklich wichtigen und dringenden Fällen zu dieser Zeit stört. Das klappt inzwischen sehr gut.

 

Genau, ich muss Nein sagen lernen, damit ich die einzelnen Rollen gut erfüllen kann. Nein zu Erwartungen von meinem Vorgesetzten, meiner Familie oder meinem Partner, aber auch zu Erwartungen, die ich an mich selbst habe, damit ich keine der drei Rollen (Familie – Führung – ich) vernachlässige. Was mir an deinem Coachingbeispiel auch gut gefällt: es unterstreicht, was wir auch aus der Forschung wissen. Die Unterstützung durch Vorgesetzte beeinflusst nicht nur stark die eigene Zufriedenheit und Bedürfniserfüllung, sondern auch den Konflikt zwischen Arbeit und Familie – positiv wie negativ. Daher ist unterstützende Führung so wertvoll – die eigene Führungskraft sollte also bewusst in diesen Spagat mit einbezogen werden. Zusätzlich dazu können und sollten Eltern auch das private Umfeld möglichst unterstützend gestalten. Eine Befragung von Müttern in Führungspositionen zeigt auf, wie entlastend das ist. Es können beispielsweise örtliche Kinder- und Ferienangebote genutzt oder das private Netzwerk in die Kinderbetreuung eingebunden werden.

 

Viele meiner Coachees haben den Anspruch „Ich muss alles allein schaffen“. Dabei ist es ein Zeichen von Stärke, sich Unterstützung zu holen! Und, wie du dankenswerterweise aufgezeigt hast, ist Unterstützung von anderen erwiesenermaßen wichtig, um Familie und Führung gut, erfolgreich und gesund zu vereinbaren!

Sandra, das war ein tolles Gespräch mit dir, sehr bereichernd für meine Coachingpraxis – und natürlich meine Coachees.

Für unsere Hörer und Hörerinnen nochmals der Hinweis auf das Buch: „Familie, Führung und Ich“ von Sandra Julia Diller und Carolin Graßmann ist in der Reihe „essentials“ im Springer Verlag erschienen, als ebook verfügbar oder beim Springer Verlag zu bestellen.

 

Lieben Dank, mich hat es auch sehr gefreut und ich hoffe, ich konnte ein paar interessante Gedanken ansprechen.

 

 




#11 Job Crafting: Aktiv und motivierend den eigenen Job gestalten
Der Business Coaching Podcast

Job Crafting ist ein Konzept aus der positiven Organisationspsychologie. Es geht um das proaktive Anpassen der Arbeit an die eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Klingt wie Wunschdenken? Ist aber machbar! Es gibt verschiedene Formen des Job Craftings, in meinem Podcast konzentriere ich mich auf das kognitive Job Crafting. Beim kognitiven Job Crafting geht es darum, die Art und Weise, wie wir unseren Job wahrnehmen, zu verändern. Mit meinem Coachee Lukas Kremer betrachte ich seinen Job als Teamleiter in der Einkaufsabteilung eines Konzerns aus eine neuen Blickwinkel. Während er sich vor dem Coaching oft wie ein Hamster im Rad fühlte, sieht er sich jetzt mehr als Stratege und echter Leader. Hören Sie gerne mal rein!

Lucas Kremer ist schon seit zwei Jahren Teamleiter im Einkauf eines Großkonzerns – und derzeit unzufrieden in seinem Job.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, ich mag mein Team und meine Arbeit an sich sehr! Aber in letzter Zeit verbringe ich ganze Nachmittage in Online Terminen, in denen ich so gut wie nichts beitragen kann. Und dann die Email Flut … Irgendwie habe das Gefühl, dass ich kaum noch das tue, was ich eigentlich tun sollte – und gerne tun würde!

Verstehe ich das richtig, dass Sie gern mehr Zeit und Energie in die Aufgaben und Themen investieren würden, die Ihnen Freude machen?

Ganz genau! Dann habe ich auch das Gefühl besser voranzukommen und mehr Sinn zu stiften. Aber ich glaub nicht, dass ich an meiner Situation viel verändern kann. Meine Aufgaben sind ja, wie sie sind… und den Job zu wechseln? Ich mag ja wie gesagt mein Team und bin gerne Einkäufer.

Lucas Kremer beschreibt eine typische Situation, in der sich gerade seit der Pandemie mehr und mehr Fach- und Führungskräfte befinden. „Wie kann ich meinen Job so gestalten, dass er mir wieder besser gefällt, ohne die Position zu wechseln?“ könnte man die grundlegende Frage formulieren.

Und hier kommt Job Crafting ins Spiel. Job Crafting ist ein Konzept aus der positiven Organisationspsychologie und hat in den letzten Jahren viel Beachtung gefunden hat. Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton gelten als die Urheberinnen. Ihre These lautet: „Es geht weniger darum, Menschen zur Arbeit zu motivieren, sondern mehr darum, sie zu unterstützen, selbst aktiv zu werden und ihre eigene Arbeit motivierend zu gestalten.“

Es geht also um das proaktive Anpassen der Arbeit an die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen und zwar ganz und gar eigenverantwortlich. Klingt wie Wunschdenken? – Ist aber machbar!

Bevor gecraftet werden kann, schaue ich mir die die Tätigkeiten meines Coachees erst einmal genauer an. Welche Aufgaben gehören zu seinem Job? In welchen unterschiedlichen Arbeitsbereichen ist er aktiv?

Lukas Kernthema ist der Einkauf. Mit seinem Team betreut er große Ausschreibungen, organisiert Bieterworkshops und verhandelt mit den Lieferanten. Dazu muss er sich eng mit den Fachabteilungen abstimmen, damit die beste Auswahl für´s Unternehmen getroffen wird. Hinzu kommen seine Aufgaben als Führungskraft. Naja und dann sind da noch die vielen operativen Dinge, die Flut an E-Mails und die vielen Meetings, die er eingangs beklagt hat.

Im nächsten Schritt interessiert mich, was ihm bei der Arbeit generell wichtig ist.

Welche Werte und Eigenschaften sollten Ihren Job denn unbedingt ausmachen?

Da muss ich mal nachdenken… Also zuerst ist mir wichtig, dass ich offen und ehrlich mit allen kommunizieren kann. Und Teamwork – als Basis für gute Zusammenarbeit. Gleichzeitig möchte ich aber auch unternehmerisch und ganzheitlich denken und unsere Firma durch gute Ergebnisse voranbringen. Effektivität und Sinnstiftung, das ist mir auch wichtig.

Als letzten Vorbereitungsschritt arbeite ich mit Lukas Kremer noch die Stärken heraus, die ihn charakterisieren. Die Methode dazu heißt Erfolgsgeschichten und ich habe sie in der Podcastfolge 3 beschrieben. „Signaturstärken erkennen oder was genau macht Sie erfolgreich?“ ist der Titel. Hören Sie gerne mal, es ist ein super Ansatz aus der positiven Psychologie. In dem Sie sich mit Ihren Erfolgen beschäftigen, ihre Erfolgsgeschichten schreiben, lernen Sie ihre zentralen Stärken kennen – und können Sie auch benennen

Verhandlungsgeschick, Organisationstalent, Entscheidungs- und Kontaktfreude – das klingt wirklich gut, aber ich glaube tatsächlich, das bin ich auch alles. Und „einen Blick und den Tellerrand hinaus“, den hat mir meine Chefin letztens sogar ausdrücklich bestätigt.

„Das denke ich auch. Im nächsten Schritt können wir uns nun überlegen, wie das besser zusammenpassen kann.“

Es gibt im wesentlichen zwei Arten des Jobcraftings, das behaviorale, also verhaltensbezogene und das kognitive Crafting. Mit Lucas Kremer möchte ich mich zunächst auf das kognitive Job Crafting konzentrieren. Beim kognitiven Job Crafting geht es darum, die Art und Weise, wie wir unseren Job wahrnehmen, zu verändern. Damit möchte ich ihm helfen, seine Arbeit einmal aus einem anderen, neuen Blickwinkel zu sehen.

Es gibt eine Anekdote von J.F. Kennedy, typisch amerikanisch selbstverständlich, die den Kern des kognitiven Jobcraftings aber gut trifft. 1962 besuchte JFK das NASA Space Center und traf dort zufällig auf den Hausmeister. Auf die spontane Frage, was er denn hier tue, antwortete ihm der Angestellte: „Ich, Mr. Präsident, helfe, Menschen auf den Mond zu bringen“. Der Hausmeister in dieser Anekdote hat seine Blickwinkel auf ganz weit gestellt und tatsächlich eine Vision formuliert.

Im Coaching ordnen wir zunächst Lukas Aufgaben, seine Stärken und die Dinge, die ihm bei der Arbeit wichtig sind, so an, dass wir die verschiedenen Rollen beschreiben, die Lukas bei der Arbeit einnimmt.

Er sorgt im Einkauf dafür, dass die richtigen Lieferanten ausgewählt und somit qualitativ hochwertige Produkte kostengünstig eingekauft werden. Dadurch, dass er das gut organisiert und geschickt verhandelt, kann er Sinn stiften und das Unternehmen voranbringen. Diese Rolle bezeichnen wir als den „Qualitätssicherer“.

Fallen Ihnen noch weitere Rollen ein?

Ich muss sehr genau die Unternehmensstrategie und die Bedarfe der Fachbereich kennen und mich eng mit den Kollegen abstimmen. Dazu brauche ich den Blick fürs große Ganze und natürlich meine Kontaktstärke. Ich finde, da bin ich in der Rolle des Strategen unterwegs.

Des Weiteren arbeiten wir die Rolle des „Leaders“ heraus. Als Führungskraft ist Lukas ständig im Kontakt, trifft Entscheidungen, entwickelt seine Mitarbeitenden weiter und sorgt dafür, dass im Team die besten Leistungen erbracht werden. Das passt zu seinem Wunsch nach Effektivität und Sinnstiftung, aber auch zum Thema Teamwork und gute Zusammenarbeit.

Wenn er dagegen an die Welle aus Meeting-Anfragen und E-Mails denkt, die ihn jeden Tag überflutet, sieht er seine Rolle ganz anders.

Da fühlte ich mich eher wie ein Hamster im Hamsterrad.

Fassen wir einmal zusammen: es gibt drei Rollen, der Qualitätssicherer, der Stratege und der Leader, die in vielen Punkten dem entsprechen, was Ihnen bei der Arbeit wichtig ist. Und bei denen Sie auch Ihre Stärken einsetzen können. Demgegenüber steht eine Rolle, die Sie nicht so gern einnehmen, da sind Sie „im Hamsterrad“.

So ist es. Wenn ich mir das so anschaue – da ist doch vieles davon erfüllt, was ich mir von meiner Arbeit wünsche. Ich glaube, der Job passt eigentlich wirklich gut zu mir. Vielleicht müsste ich mir das wieder mehr bewusst machen, statt immer nur auf die negativen Aspekte zu fokussieren.

Da hat Lukas Kremer einen sehr guten Gedanken. Studien aus der positiven Psychologie zeigen, dass das Wohlbefinden ansteigt, wenn wir uns die positiven Erlebnisse am Tag gezielt ins Bewusstsein holen. So kann es auch hier funktionieren. Ich rate Lukas, sich ein System zu überlegen, mit dem er sich täglich bewusster machen kann, wann er in den drei positiven Arbeitsrollen ist.

Sie könnten zum Beispiel ein Tagebuch führen, in dem Sie kurz aufschreiben, in welchen Momenten Sie sich als „Qualitätssicherer“, als Stratege oder als „Leader“ gefühlt haben. So wird ein Ausgleich zu der negativen Rolle geschaffen, die bisher einen so großen Platz in der Wahrnehmung Ihrer Arbeit eingenommen hatte.

Das ist eine spannende Idee. Vielleicht kann ich auch meinen Kalender entsprechend farblich umgestalten, eine Farbe für jede Rolle! Da kann ich richtig kreativ werden. Das werde ich auf jeden Fall ausprobieren. Wenn ich jetzt noch weniger Zeit im Hamsterrad verbringen würde, also weniger Meetings und Mails hätte, dann wäre es perfekt!

Genau da setzt das verhaltensbezogen Job Crafting an, das ich in unserer nächsten Session mit Ihnen machen möchte. Zur Vorbereitung schicken Sie mir bitte 3 typische Wochen Ihres Terminkalenders zu. Den werden wir  gemeinsam unter Zeit- und Selbtmanagement-Aspekten analysieren und Ihnen damit mehr Freiräume verschaffen.

Das klingt sehr gut!

Job Crafting kann durch kleinste Veränderungen im Arbeitsalltag, sei es durch Anpassungen im Verhalten oder „nur“ durch einen Perspektivwechsel, viel bewirken. In einer großen Übersichtsstudie aus dem Jahre 2017 konnte nachgewiesen werden, dass durch Job Crafting die Arbeitszufriedenheit, die Arbeitsleistung und das Arbeitsengagement gesteigert wird, während der Stress reduziert wird. Im Job Crafting bewegen wir uns jederzeit im Möglichkeitsrahmen unseres Coachee und eröffnen trotzdem neue Potenziale – für mehr Zufriedenheit, mehr Energie und neue Ideen bei der Arbeit.




#10 Führen mit Authentizität und Persönlichkeit
Der Business Coaching Podcast

Sie übernehmen eine neue Rolle, machen den Sprung auf die nächste Führungsebene – und haben erstmals selbst nicht die höchste fachliche Expertise. Schnell drängt sich Ihnen die Frage auf: „Führen, ohne es fachlich perfekt drauf zu haben. Woraus leite ich dann überhaupt meinen Führungsanspruch ab?“

Durch genau diese Situation durfte ich bereits viele Coachees begleiten. Auf einmal fehlt Sicherheit in der eigenen Führungsrolle. Ein transformationaler Führungsstil kann da Abhilfe schaffen. Aber was genau ist eigentlich transformationale Führung? Und wie gelingt Führung durch Authentizität und Persönlichkeit? Das erfahren Sie in der neuen Folge von DER BUSINESS COACHING PODCAST.

Tom Eder hat ein neues Team und ein neues Thema übernommen. Sein Anliegen für das Coaching, formuliert er so: Das neue Thema fasziniert mich, da ist Musik drin, aber ich habe nicht die höchste Expertise. Ich habe zwar zwei echte Top-Experten in meinem Team, doch das ist für mich eine sehr ungewohnte Situation. Führen, ohne es fachlich perfekt drauf zu haben. Woraus leite ich denn überhaupt meinen Führungsanspruch ab?

Sie waren bisher fachlich immer total sattelfest und haben sich daher auch sicher in der Führungsrolle gefühlt …

Coachee: Naja, irgendwie schon. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, „Ich weiß es besser, also folgt mir“- das ist ganz sicher nie mein Führungsmotto gewesen. Aber ich finde es schon wichtig, dass ich bei allen Fragen auskunftsfähig bin und es gibt mir natürlich Sicherheit, wenn ich „sattelfest“ bin, wie Sie es ausdrücken.

Und die entscheidende Frage – Sie haben sie eingangs selbst formuliert – lautet also: Woher leite ich jetzt meinen Führungsanspruch ab?

Coachee: Ganz genau!

Tom Eder ist auf dem Sprung zum „echten“ Leader. Für Coachees wie ihn ist der transformationale Führungstil ausgesprochen gut geeignet. Ein sperriger Name, ich weiß –  aber ein tolles Konzept!

Eine Transformation ist ja eine deutliche und dauerhafte Veränderung. Wer transformational führt, verändert seine Mitarbeitenden, d.h. entwickelt sie klar und zielgerichtet weiter. Wer transformational führt, ist Enabler und Coach. Und entwickelt sich dabei auch selbst weiter –zum „echten Leader“.

Das Konzept der Transformationalen Führung ist schon seit einiger Zeit auf dem Markt. Die Beliebtheit in Forschung und Praxis ist ungebrochen. Warum das so ist? Kein anderer Führungsstil verfügt über derart viele positive Konsequenzen – und zwar für die Führungskraft selbst, für die Mitarbeiter und für das gesamte Unternehmen. Das ist wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen!

Transformational  leadership, wie das Model im Original heißt, hat 4 Komponenten, die als „die 4 I`s“ bekannt geworden sind. Das erste I übersetze ich als Idol- und Vorbildfunktion. Die Führungskraft wird als Vorbild akzeptiert, denn sie folgt moralischen Standards. Sie ist authentisch und baut ein Vertrauensverhältnis auf. Klarheit und Glaubwürdigkeit sind weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden sich identifizieren können.

Konkret geht es darum, dass Sie als Führungskraft Ihre Werte teilen und das, was Sie von den Mitarbeitern erwarten, selbst vorleben. Dass Sie ganz konkret überlegen, welche Werte Ihnen wichtig sind und wie Sie diese transparent und machen und mit Leben füllen können.

Im Coaching arbeite ich an der Stelle gerne mit Bildern, denn Bilder sprechen uns ganz intuitiv und emotional an. Im zweiten Schritt analysieren wir dann, welchen Wert der Coache mit dem Bild assoziiert und wie er diesen als Führungskraft lebt und sich damit treu bleibt.

Coachee: Das Bild einer Kletterseilschaft spricht mich an, denn Vertrauen ist mir total wichtig, wir können unser Zukunftsthema nur stemmen, wenn wir als Team agieren und uns 100 Prozent aufeinander verlassen können. Und dieses Bild, mit den Türen, die sich weit nach außen, in eine lichtdurchflutete Landschaft öffnen, spricht mich auch sehr an. Ich meine, wir haben ein top-innovatives Thema, da müssen wir Offenheit für Neues zeigen.

Was halten Sie davon, wenn Sie bei Ihrem Teamworkshop diese Werte zum Auftakt nochmal herausstellen?

Coachee: Sehr viel, und ich würde dabei gerne die Bilder zeigen, ich glaube, das macht das Ganze auch für mein Team noch viel griffiger und da der Workshop natürlich online stattfindet, sind Visualisierungen eh besonders wichtig. Das gefällt mir echt gut, dass wir uns erst mit dem „wie“ unserer Zusammenarbeit beschäftigen, bevor wir in fachliche Details abtauchen!

Inspiration durch Motivations- und Überzeugungskraft ist die zweite wesentliche leadership-Komponente, das zweite i. Es geht darum, eine überzeugende Vision zu haben und diese auch vermitteln zu können. Also selbst immer im Blick zu haben, wohin die Reise geht, was das angestrebte Ziel ist und dies motivierend zu vermitteln.

Coachee: Dazu habe ich erst kürzlich einige Webinare besucht. Ich begebe mich regelmäßig in den „Obamamodus“, wie der Trainer es nannte und formuliere immer wieder Varianten eines „Yes we can“ wenn Zweifel aufkommen. „Lasst uns erst mal durchs Fernglas schauen, bevor wir die Lupe auspacken“ sage ich immer, wenn meine Experten sich in Details verlieren.

Genau, Sprachbilder sind sehr gut geeignet um eine Vision zu vermitteln.

Coachee: Die werden mittlerweile schon von meinen Mitarbeitern aufgegriffen. Ich habe letztens gehört, wie Anja zu Philip gesagt hat: Jetzt sind wir wieder mit der Lupe unterwegs, lass uns nochmal einen Schritt zurücktreten …

Intellektuelle Stimulation lautet das dritte i. Es geht darum, das Team zu innovativem Denken anzuregen, dazu, Neues zu wagen – und dafür natürlich auch Freiräume zu schaffen. Also das genaue Gegenteil von „Weiter wie bisher“ oder „Das haben wir schon immer so gemacht“.

Bei Tom’s Zukunftsthema liegt hier natürlich ein zentraler Erfolgsfaktor. Gerade die Fachexperten in seinem Team sind ihm in mancher Hinsicht eingefahren. Er hat den Eindruck, dass sie auf die erprobten Methoden fixiert sind und viele Prämissen für unverrückbar halten. Und gerade weil Tom nicht der größte Fachexperte im Thema ist, kann er das erkennen. Bei Leadership geht es genau darum, Veränderung zu ermöglichen, Veränderung zu begleiten, Bestehendes zu hinterfragen. Dazu ist die Helikopterperspektive deutlich besser geeignet als der fachliche Schützengraben.

Nun zum 4. und letzten i, der individuellen Berücksichtigung und Förderung oder der coachingorientierten Führung, wie ich es auch gerne nenne.

Coachee: Darauf freue ich mich richtig, die Mitarbeiter zu entwickeln, ihnen Feedback zu geben, wo ich Stärken und wo Potentiale sehe. Und ihnen vor allen Dingen aufzuzeigen, dass sie andere Bereiche kennenlernen, sich fachlich breiter aufstellen sollten. Ich selbst habe beispielsweise drei Jahren lang die Entwicklung verlassen und in der Strategie gearbeitet. Ein hochpolitische Umfeld, wahrlich nicht meine Komfortzone – aber was für eine steile Lernkurve habe ich dabei gemacht! Das will ich gerade den jungen Teammitgliedern unbedingt vermitteln.

Wenn ich Sie so reden höre:

-wie Sie die Führungswerte, die Ihnen wichtig sind im Workshop vermitteln wollen,

– wie Sie Zukunftsorientierung und den Blick für’s Große Ganze einbringen – Stichwort „Fernglas statt Lupe“,

– wie Sie gerade auch die erfahrenden Kollegen dazu ermutigen wollen, neue Wege zu gehen

– und wie Sie sich richtig darauf freuen, den Teammitgliedern Feedback zu geben und Entwicklungswege aufzuzeigen – da habe ich jedenfalls keinen Zweifel, dass Sie diese Führungsrolle voll und ganz ausfüllen.

Coachee: Wenn Sie das so sagen, klingt es natürlich toll. Aber stimmt, genauso möchte ich führen.

Sich zur Führungspersönlichkeit entwickeln, das ist ein Prozess, der Selbstreflexion erfordert. Dafür sind die 4 i´s der transformationalen Führung sehr gute Leitlinien.

Entwicklung der Führungspersönlichkeit bedeutet auch, sich über seine Werte, seine Einstellungen und Überzeugungen klar zu sein und diese transparent zu machen. Transparenz ist das A und O, wenn es um Führung durch Persönlichkeit statt Fachkompetenz geht. Authentische Führungskräfte drücken ihre Gedanken und Gefühle aus. Genau dadurch vermitteln sie Glaubwürdigkeit und erzeugen Vertrauen. Wenn es Ihnen dann noch gelingt, Begeisterungsfähigkeit auszustrahlen, das Team mitzunehmen, es für Veränderungen zu gewinnen – dann zeigen Sie Leadership at its best!




#9 So steigern Sie Ihr Wohlbefinden in virtuellen Meetings
Der Business Coaching Podcast

In Videomeetings können wir uns selbst und die anderen Teilnehmenden ständig sehen. Es beeinträchtigt unser Wohlbefinden, wenn wir uns selbst beobachten und mit anderen vergleichen. Im Podcast spreche ich mit meiner Kollegin Lea Menzel über ihre aktuelle Studie, die sie an der Uni Salzburg zur Selbstaufmerksamkeit in Videomeetings gemacht hat. Wir geben Tipps, wie Sie Ihr Wohlbefinden in Videomeetings steigern und der sogenannten „zoom fatigue“ entgegenwirken können.

Coachee: „Wissen Sie, ich fühle mich ständig unter Beobachtung, vor allem durch mich selbst! Seit Beginn der Pandemie sitze ich eigentlich den ganzen Tag in irgendwelchen virtuellen Meetings, manchmal sind das auch mehrstündige Verhandlungen. Das Gefühl, pausenlos von allen gesehen zu werden, finde ich extrem anstrengend. Und ich beobachte mich natürlich auch selbst: ob ich gerade sitze, wie ich im Vergleich zu den anderen wirke. Inzwischen bin ich total unzufrieden mit mir und meinem Auftreten.

Vom Coaching erwarte ich mir deutliche Verbessrung in meiner Körpersprache und in meiner Rhetorik und vor allem, dass ich mich wieder sicherer fühle und zufriedener bin mit mir und meiner Wirkung.“

Karin: Solche oder ähnliche Coachinganfragen habe ich häufiger, schließlich bin ich auf die Themen Auftreten, Ausstrahlung, Executive Presence spezialisiert. Dieses „beobachtet werden“ und „sich selbst beobachten“ in Videomeetings ist allerdings erst in jüngster Zeit zum Thema geworden. Glücklicherweise gibt es dazu hilfreiche psychologische Theorien und sehr aktuelle Forschungsergebnisse, mit denen ich meinen Klienten weiterhelfen kann.

Karin: Genau darüber spreche ich heute mit meiner Kollegin Lea Menzel. Sie ist Psychologin und hat an der Universität Salzburg eine Studie zum Thema Wohlbefinden in Videomeetings durchgeführt. Herzlich willkommen, Lea, schön, dass du heute da bist!

Lea: Hallo Karin, ich freue mich auch wirklich wieder sehr dabei sein zu dürfen!

Karin: Lea, kannst du uns bitte das Studiendesign schildern und welches eure zentralen Forschungsfragen waren?

Lea: Klar, wir haben in der Studie ca 150 Personen aus dem berufstätigen Bereich wie auch Studierende und Auszubildende anhand von einem Online-Fragebogen befragt, wie sie sich nach virtuellen Meetings fühlen. Dabei war es besonders wichtig, dass es Video-Meetings waren, sie ihre Kamera also anhatten, weil wir die Auswirkungen der Selbstaufmerksamkeit auf das Wohlbefinden der Teilnehmenden untersuchen wollten. Die Selbstaufmerksamkeit wird genau durch diese Kamera angesprochen.

Karin: Lass mich das Phänomen der Selbstaufmerksamkeit mal kurz erklären. Wir Psychologen verstehen unter Selbstaufmerksamkeit die Beobachtung des eigenen Verhaltens z. B. mit einem Spiegel oder eben durch ein Video, wodurch die Aufmerksamkeit auf uns selbst gelenkt wird. Also dadurch, dass wir uns in Video-Meetings selbst sehen können, wird unsere Selbstaufmerksamkeit angesprochen, weil wir unser eigenes Verhalten tatsächlich genau beobachten. Wie sehe ich aus? Wie wirkt meine Gestik? Habe ich auch eine gerade Haltung? Zudem kann ich auch die anderen Teilnehmenden beobachten und dadurch wird ein sogenannter sozialer Vergleich aktiviert. Das bedeutet, ich vergleiche mich mit den anderen Teilnehmenden hinsichtlich ihres Aussehens, wie sie sich verhalten oder was ihre Beiträge zu dem Meeting sind.

Lea: Und genau um diesen sozialen Vergleich ging es uns! Denn wie wir uns vergleichen, beeinflusst unser Wohlbefinden. Und das Ganze haben wir uns noch im Zusammenhang mit hohem oder niedrigem Selbstwertgefühl angeschaut.

Karin: Also Selbstwertgefühl habt ihr auch noch miteingebunden.

Lea: Genau so konnten wir zum einen in der Studie klar nachweisen, dass eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit zu einem geringeren Wohlbefinden und einer niedrigeren Zufriedenheit geführt hat. Und zum anderen war wie vermutet dieser Effekt bei Personen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl nochmal besonders deutlich.

Karin: Das klingt ja sehr logisch, aber wie genau erklärt man sich dieses Phänomen?

Lea: Die dahinterliegenden Prozesse sind wirklich spannend! Denn je nachdem, ob ich ein hohes oder niedriges Selbstwertgefühl habe, vergleiche ich mich anders. Also wenn ich ein hohes Selbstwertgefühl habe und mich mit anderen vergleiche, dann fokussiere ich mich eher darauf, wo ich besser bin. Also ich beobachte zum Beispiel, dass ein Kollege sich häufig verhaspelt, zu schnell spricht und insgesamt nervös wirkt, dann denkt eine Person, die ein sehr hohes Selbstwertgefühl hat: „Das mache ich ja besser, ich spreche langsam und verständlich“. Personen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl fokussieren dagegen eher auf Schwächen, die sie mit der anderen Person gemeinsam haben. In unserem Beispiel würde die Person denken: „Oje, ich verhasple mich öfter – bestimmt wirke ich auch so unsicher“.

Karin: Und das wirkt sich dann natürlich auf das Wohlbefinden aus. Wenn ich mich auf meine Stärken fokussiere beim Vergleichen, dann fühle ich mich natürlich besser, als wenn ich eher damit beschäftigt bin, mir meine Schwächen mir vor Augen zu halten.

Lea: Genau und dieser Prozess wird durch die Selbstaufmerksamkeit in Videomeetings nochmal verstärkt.

Karin: Kannst du dazu nochmal ein praktisches Beispiel geben Lea?

Lea: Klar, also nehmen wir mal an: Ich bin eher unsicher und fühle mich nicht so wohl vor einem Publikum zu sprechen. Wenn ich jetzt beispielsweise eine Präsentation halten soll, bin ich nervös und werde rot. Weil ich mich in Video-Meetings sehen kann, fällt mir genau das auf, dass ich gerötet bin. Nun verstärkt sich bei mir der Druck, weil ich denke „oh Gott, das sehen ja auch die anderen, ich möchte aber doch souverän rüberkommen“, und deshalb werde ich noch nervöser und roter im Gesicht und mein Unwohlsein verstärkt sich.

Karin: Es ist also genau eine negative Abwärtsspirale, durch die Selbstaufmerksamkeit losgetreten wird.

Lea: Ja, genau.

Karin: Gibt es eigentlich noch andere typische Störfaktoren, die durch das angeschaltete Video getriggert werden?

Lea: Ja, auf jeden Fall zum einen kann ich mich natürlich auch durch mein eigenes Spiegelbild ablenken lassen, wenn ich z. B. öfters meine Frisur richte und nicht mehr so ganz den anderen zuhöre. Zum anderen kann mein Wohlbefinden auch durch die Mimik der anderen Teilnehmer beeinflusst werden. Normalerweise sieht man ja nicht alle Personen in einem Bild, die einem gerade zuhören. Bei Zoom hat man genau den Überblick und wenn dann welche gelangweilt schauen, genervt oder verärgert, dann kann das nochmal mehr mein Wohlbefinden senken.

Karin: Die Ergebnisse eurer Studie stimmen sehr gut mit dem Phänomen der sogenannten Zoom-Müdigkeit überein.

Lea: Ja, das stimmt.

Karin: Dieses Phänomen würde ich gerne nochmal erklären. Prof. Jeremey Bailinson von der Stanford University hat im Feb. 2020 die erste wissenschaftlich fundierte Studie dazu vorgelegt, warum Video Meetings so anstrengend und erschöpfend für uns sind. Und er hat das Phänomen Zoom fatigue genannt, weil in USA mittlerweile der Begriff zoomen mit videoconferencing gleichgesetzt wird. Prof. Bailinson hat 4 Ursachen für die Zoom fatigue festgestellt und eine davon ist genau die Selbstaufmerksamkeit, die ihr untersucht habt. Die zweite Ursache hat meine Coachee eingangs sehr gut beschrieben, es ist das Gefühl, ständig unter Beobachtung zu stehen. Normalerweise schauen wir in face-to-face Meetings die Person, die vorträgt an, aber wir machen dazwischen auch mal Notizen oder schauen ganz woanders hin. In virtuellen Videomeetings schaut hingegen jeder jeden an – ununterbrochen und jeder hat auch das Gefühl, die ganze Zeit beobachtet zu werden.

Lea: Genau und die zwei anderen Ursachen sind zum einen, dass die Gesichter unserer Videogesprächspartner bei einem Zoom Meeting sehr groß wirken, das signalisiert unserem Gehirn: Da kommt mir jemand ganz nahe, tritt sozusagen in meine Intimsphäre ein. Und das stresst uns. Und der letzte Faktor war, dass uns beim Videoconferencing schlicht die Bewegung fehlt. Diese 4 Faktoren zusammen machen einen Tag voller Video-Meetings extrem anstrengend und ermüdend.

Karin: Jetzt sind virtuelle Meetings aus dem Arbeitsalltag ja aber nicht mehr wegzudenken. Die Frage lautet also, was können wir tun, um unser Wohlbefinden im virtuellen Raum zu steigern?

Lea: Also allgemein ist es für jedes Meeting natürlich immer gut, eine wertschätzende Atmosphäre zu schaffen, aber besonders bei virtuellen Meetings sollte der Fokus daraufgelegt werden, dass sich jeder wohlfühlt, weil eben hier das Wohlbefinden hier eben besonders schnell beeinträchtigt werden kann. Dafür können zum Beispiel virtuelle Kaffeepausen helfen, weil man sonst bei virtuellen Meetings schnell dazu tendieren kann, gleich die Agenda Punkte abzuhaken und dann der informelle Austausch fehlt. Mit virtuellen Kaffeepausen kann das Zusammengehörigkeitsgefühl hingegen gestärkt werden, was das Wohlbefinden dann wiederum positiv beeinflusst.

Karin: Viele meiner Coachees, starten ihre wöchentlichen Teammeetings mit einem virtuellen Kaffee und stellen genau diese positiven Effekte fest. Also, dass das dem Zusammengehörigkeitsgefühl guttut, denn dieser Teamspirit hat in der langen Zeit des Remote Arbeitens oft schon gelitten.

Lea: Gibt es da was Bestimmtes, dass du deinen Coachees in den Coachings rätst?

Karin: Im Coaching rege ich Führungskräfte auch dazu an, mit ihrem Team gemeinsam zu überlegen, was könnte uns helfen, dass wir die virtuellen Meetings angenehmer empfinden. Es geht also darum, im Team eine wertschätzende virtuelle Kommunikationskultur ganz bewusst zu schaffen. Für Führungskräfte geht es auch darum, immer genau zu überlegen, wann sind Videochats tatsächlich sinnvoll. Und wann ist ein Audio- oder vielleicht sogar Email Chat ausreichend. Und regelmäßige Video-Pausen einführen, um auch mal eine nonverbale Pause zu ermöglichen. Das ist noch ein weiterer Tipp.

Lea: Genau und das kann natürlich auch jeder einzelne Teilnehmer anwenden. Also wirklich die Video-Pausen wahrnehmen und auch aktiv nutzen, indem man sich zum Beispiel mal ganz vom Bildschirm wegdreht, damit die Augen was anderes sehen und man seine Gestik und Mimik komplett entspannen kann.

Karin: Das stimmt sich mal ganz bewusst zu entspannen ist wirklich wichtig. Hast du jetzt noch andere Tipps Lea, was jeder Einzelne für sich selbst tun kann, um zum Beispiel aus dem Homeoffice sein Wohlbefinden in virtuellen Meetings zu steigern?

Lea: Auf jeden Fall – zum einen ist es hilfreich, die Sprecheransicht zu verwenden, um somit aus dem Fokus der Selbstaufmerksamkeit rauszukommen. Zum anderen hilft gegen die Zoom-Müdigkeit, die Vollbildoption rauszunehmen und das Zoom-Fenster zu verkleinern. Denn so wirken die einzelnen Gesichter schon mal nicht mehr ganz so groß und nah. Und zudem kann man auch einen zweiten Monitor verwenden, um eine Distanz zwischen sich und dem Zoom-Raum zu schaffen. Und diese Distanz ermöglicht auch mehr Bewegungsfreiheit.

Karin: Also gerade für Personen, die wirklich den ganzen Tag in virtuellen Meetings sitzen, ist es sicherlich eine gute Anschaffung, so einen zweiten Monitor zu installieren.

Lea: Total. Und zu guter Letzt hilft es auch definitiv, sich untereinander zu unterstützen und zwar mit positiver Mimik und Gestik, d. h., wenn die anderen Teilnehmer sprechen, dass man sich dann unterstützend anlächelt oder nickt, sodass sich jeder wertgeschätzt fühlt. Denn damit können das Wohlbefinden und die Zufriedenheit erhöht werden und der Stress, der durch die Selbstaufmerksamkeit entsteht, wird reduziert.

Karin: Das leuchtet ein. Vielen Dank, liebe Lea, für diese vielen und vor allem so konkreten Tipps, ich denke, da ist für jeden unserer Zuhörer sicher was dabei. Und natürlich ganz herzlichen Dank, dass du hier warst und uns deine Studie präsentiert hast.

Lea: Danke, dass ich wieder dabei sein durfte!




#8 Welches Arbeitsumfeld entspricht meinen Bedürfnissen?
Der Business Coaching Podcast

Which working environment corresponds to your ideal? What motivates you and makes you successful? People have different needs and therefore different expectations of their working environment. In this episode you will get to know your motivation type and the job factors that make you personally satisfied.

Es gibt ein Kunstmärchen des dänischen Schriftstellers Hans Christan Andersen, das international sehr bekannt ist, in Deutschland unter dem Titel „Das hässliche Entlein“ (engl. The ugly duckling). Eine Entenmutter brütet „versehentlich“ ein Schwanenei aus. Von den Peers wird der kleine Schwan nicht akzeptiert, ja von der ganzen Entencommunity gemobbt. Er wirkt zu groß, tollpatschig – ein hässlicher Vogel eben. Gott sei Dank ist der kleine Schwan offen für Neues, verlässt das Nest, erlebt eine Menge Abenteuer, entwickelt sich zum schönen Schwan und schließt sich – Ende gut, alles gut – einer Schwanenkolonie an.

Die Geschichte erzähle ich im Coaching, wenn ich den Eindruck habe, dass ein Klient in einem Umfeld arbeitet, in dem seine Stärken und Fähigkeiten nicht geschätzt oder gebraucht werden. Da gibt es z. B. hochkarätige Fachexperten, die als Entwickler super, in der Führungsrolle aber unglücklich und auch überfordert sind. Oder kommunikative und extrovertierte Peoplemanager, die in einer strategischen Stabstelle gefühlt nur Folien pinseln und Angst haben, zu versauern.

Bei einer beruflichen Neuorientierung ist es also enorm wichtig herauszufinden, welches Arbeitsumfeld dem eigenen Ideal entspricht. Im Karrierecoaching ermittle ich das passende Umfeld anhand der beruflichen Lebenslinie. Hierfür lassen meine Coachees ihre berufliche Entwicklung gedanklich vor ihrem inneren Auge vorüberziehen und stellen sich diesen Entwicklungsweg optisch vor. Sie tragen die wichtigsten Meilensteine in eine Zeitschiene ein. Je nachdem, wie sie die einzelnen Stationen wahrgenommen haben, werden diese entweder als Höhen oder als Tiefen eingetragen. Bei den Höhen lautet die Frage dann: Wer oder was hat dazu beigetragen, dass Sie in dieser beruflichen Station so zufrieden waren? Bei den Tälern gelten natürlich umgekehrte Vorzeichen: Welche Umfeldfaktoren haben denn nicht gepasst? Was haben Sie vermisst?

Zur Illustration dieser Übung lasse ich meine Coachees selbst zu Wort kommen. Ihre berufliche Life-Line beschreibt Laura Keller so:

Das Masterstudium ist ein Gipfel für mich, da waren die Gruppen kleiner als beim Bachelor, viel mehr Kontakt mit den Dozenten und besonders viel Freude hat mir das Projektsemester gemacht, wo wir in einem festen Team ein halbes Jahr zusammen gearbeitet haben. Den ersten Job dagegen habe ich als Tal eingezeichnet. Und das obwohl ich bei einer der internationalen Top-Beratungen genommen wurde. Dort herrschte ein enormer Wettbewerbsdruck und eine Ellbogen-Mentalität. Ich habe kein Problem, viel zu arbeiten und bringe gerne Leistung, aber ein kollegiales Klima ist für mich einfach wichtig. Und alle paar Wochen mit einem anderen Team bei einer neuen Firma – das war nicht meins. Aber natürlich habe ich dort auch viel gelernt und performt. Bei meinem derzeitigen Arbeitgeber fühle ich mich hingegen sehr wohl, hier zählen die Mitarbeiter und es herrscht ein kollegiales Miteinander. Außerdem ist mein Team wirklich toll, mit zwei meiner Kolleginnen bin ich inzwischen sogar richtig gut befreundet. Das hilft mir gerade jetzt sehr, denn die Arbeit im Home-Office ist auf Dauer nichts für mich. Mir fehlt einfach der Austausch, auch mal zwischen Tür und Angel. Und die gemeinsamen Teamlunches in der Kantine.

Laura schätzt also ein positives Arbeitsklima, enge Teamzusammenarbeit und das Gefühl von Sicherheit und Stabilität. Ein wertschätzender Umgang ist für sie enorm wichtig, Kollegialität bis hin zu persönlichen Freundschaften im Team oder in der Firma motivieren sie.

Ganz anders beschreibt George LeBon seine berufliche Motivation:

Ich brauche Eigenverantwortung und klare Erfolgserlebnisse. Daher hat es mir bei der internationalen Unternehmensberatung so gut gefallen. Der Anspruch war hoch und es wurde absolute Leistungsbereitschaft erwartet. Aber mit viel Einsatz waren die Ziele auch erreichbar und gute Leistung wurde anerkannt. Wir haben immer schnelles Feedback gekriegt und es war stets transparent, welches Team wie performt. Diese Vergleichsmöglichkeiten, der Wettbewerbsgedanke, das spornt mich an. Jetzt bin ich ja seit 3 Jahren selbständig und das taugt mir sogar noch mehr. Ich kann mich selber motivieren und mein Aufgabenspektrum ist sogar noch abwechslungsreicher als in der Beratung: Wettbewerbe, Verhandlungen, wechselnde Kooperationen – das ist super.

Für George LeBon spielt messbarer Erfolg eine wichtige Rolle, Konkurrenz beflügelt ihn geradezu. Um zufrieden zu sein, braucht er Abwechslung, es muss ein Fortschritt erkennbar sein und seine Neugier befriedigt werden. Allzu große Stabilität empfindet er eher als lähmende Stagnation denn als beruhigende Sicherheit.

Jetzt kommt zum Schluss noch Karolina Danzer zu Wort:

Ich wollte immer in Führung gehen, daher ist meine erste Führungsposition auch mein erstes, großes berufliches Highlight. Ich übernehme gerne Verantwortung und scheue mich nicht vor Entscheidungen. Ich arbeite gerne mit anderen zusammen, aber dabei ist es mir schon wichtig, dass ich die Fäden in der Hand habe und alles koordinieren kann. Wie gesagt, die erste Führungsrolle beim Mittelständler in unserer Region war schon toll. Aber ich möchte weiter gehen und mein Ziel ist ganz klar ein internationales und renommiertes Unternehmen. Dabei reizt mich die größere Herausforderung, aber auch das Image ist mir wichtig. Ich fände es echt cool, ein tolles und weltweit bekanntes Produkt zu betreuen.

Für diese Coachees, die ich bei ihrer beruflichen Neuorientierung begleite, sind Anerkennung, Verantwortung und die Rolle als Führungskraft entscheidende Faktoren des Arbeitsumfelds. Zudem spielt Status eine Rolle und Macht und Einfluss reizen sie.

Menschen haben unterschiedliche Motivbereiche, zeigen unterschiedliches Verhalten am Arbeitsplatz und haben daher auch unterschiedliche Erwartungen an ihre Arbeitsumgebung. Was den einen beflügelt – Wettbewerbsdruck etwa oder freies Unternehmertum – ist für die anderen eher lästig oder gar abschreckend.

Der Psychologie David McClelland hat 3 Jahrzehnte an der Harvard Universität geforscht und gelehrt. Mit seiner Motivationstheorie ist er – zumindest in Fachkreisen – sehr, sehr bekannt geworden. McClelland unterscheidet drei zentrale Bedürfnisse oder Motivbereiche, die bei jedem einzelnen von uns ganz unterschiedlich ausgeprägt sind. Diese drei Motivbereiche sind:

  1. Anschlussmotive
  2. Leistungsmotive und
  3. Machtmotive

Diese drei Motivbereiche sind sehr intensiv erforscht worden. Menschen mit hoch ausgeprägten Anschlussmotiven – wie Laura Keller– brauchen ein positives Arbeitsumfeld, Nähe und sind hervorragende Teamarbeiter. Im Homeoffice sind sie oft unglücklich, denn es fehlt Ihnen das Zugehörigkeitsgefühl. Menschen mit einer hohen Anschlussmotivation können als Team- oder Gruppenleiter sehr erfolgreich, zufrieden und beliebt sein. In höheren Managementpositionen oder in einem sehr politisch-taktischen Umfeld vermissen sie jedoch oft die Gemeinschaft und den offenen Austausch.

Menschen mit hoher Leistungsmotivation- wie George LeBon – bevorzugen Arbeitsbedingungen mit hoher Eigenverantwortung und persönlichem Einfluss auf das Arbeitsergebnis. Schnelles Feedback und am besten auch Vergleichsmöglichkeiten mit Anderen spornen sie an. Leistungsmotivierte wählen Ziele, die hoch, aber erreichbar sind. Wenn diese Bedingungen gegeben sind – anspruchsvolle, aber realistische Ziele, sind sie optimal stimuliert. Die Forschung zeigt, dass Personen mit hoher Leistungsmotivation besonders häufig selbständige Unternehmer sind. Und als Selbständige auch besonders erfolgreich agieren. Kein Wunder also, dass mein Coachee George LeBon in der Selbstständigkeit seine Erfüllung gefunden hat.

Studien zeigen bei Managern in Konzernen eine ausgeprägte Machtmotivation. Die Machtmotivation ist offenbar für den Aufstieg besonders förderlich und, wie das fiktive Beispiel von Katarina Danzer zeigt, fühlen machtmotivierte Menschen sich zu großen Konzernen und Status hingezogen. Dabei – das zeigt die Forschung und sagt uns auch der gesunde Menschenverstand- ist es positiv, wenn neben dem Machtmotiv, auch die Verantwortlichkeit hoch ist. Oder wenn neben der Machtmotivation auch die Anschlussmotivation gut ausgeprägt ist.

Es gibt also keineswegs nur „Reintypen“ dieser drei Motivationsstrukturen – im Gegenteil! Meist haben wir eine mehr oder weniger ausgeprägte, ganz individuelle Mischung aus den drei Motiven. Ich habe einen Motivtest entwickelt, den ich im Karrierecoaching einsetze. Er zeigt die Ausprägung der drei Motive auf und damit das persönliche Motivprofil des Coachees auf.

Um die wesentlichen Faktoren herauszufinden, die der gewünschte oder nächste Job aufweisen sollte, ist der Blick zurück, die Analyse der eigenen beruflichen Entwicklungslinie, ganz zentral. Und das können Sie auch im Selbstcoaching sehr gut machen. Zeichnen Sie in einer Zeitschiene die wesentlichen beruflichen Stationen ein. Beginnen Sie mit einer wichtigen, selbst getroffenen Entscheidung und markieren Sie 5 bis 7 berufliche Meilensteine als Zufriedenheitsgipfel oder Täler. Und überlegen Sie nun bei jedem Meilenstein, was die zentralen Zufriedenheits- oder Unzufriedenheitsfaktoren waren.

War es das gute Arbeitsklima oder die Möglichkeit zur Weiterentwicklung? War es ihre Führungskraft oder eine Mentorin, die sie inspiriert hat? Waren es ein internationales Umfeld, ständiger Change und Projektvielfalt – oder das genaue Gegenteil? Nämlich das heimische Umfeld, das stabile Familienunternehmen mit den traditionellen Werten und verlässlichen Strukturen?

Ganz sicher werden Sie typische Muster bei sich erkennen und ihre persönlichen Zufriedenheitsfaktoren identifizieren. Wenn Sie diese gezielt bei ihrer Karriereplanung berücksichtigen, werden Sie im neuen Job auch Erfolg haben. Denn anstatt ins Blaue zu zielen haben Sie jetzt beste Chancen, ins Schwarze zu treffen.




#7 Gesunder Umgang mit Social Media
Der Business Coaching Podcast

Studienergebnisse zeigen: Der Einfluss von Social Media auf die psychische Gesundheit ist minimal. Wenn wir uns genug bewegen und ausreichend schlafen, sind Soziale Medien nicht schädlich. Allerdings sehr zeitintensiv: Die Generation Z verbringt durchschnittlich 3 Stunden am Tag damit. Was macht Social Media so attraktiv? Und wie lässt sich verhindern, dass aus dem netten Zeitvertreib eine Sucht wird?

Karin: Früh um 7:00 Uhr wirst du durchs Smartphone geweckt und da bietet sich doch gleich der Blick auf die Wetter-App an. Beim Frühstück checkst du dann die Nachrichten und Mails und ein Blick auf Instagram– wie kommt die eigene Story an? Was machen die anderen so? Ist auf jeden Fall auch noch drin.

In dieser Episode meine Podcasts geht es um Social Media oder genauer gesagt um psychische Gesundheit und Social Media. Dazu habe ich wieder meine Kollegin Lea Menzel eingeladen. Als angehende Wirtschaftspsychologin hat sie spannendes zum Thema recherchiert. Und als Vertreterin der Generation Z ist sie per se eine kompetente Gesprächspartnerin in Sachen Social Media. Herzlich willkommen, liebe Lea, schön, dass du heute wieder dabei bist.

Lea: Hallo liebe Karin, ich freu mich auch total, wieder dabei zu sein. Vor allem, weil das Thema mir wirklich am Herzen liegt. Ich finde, man bekommt von immer mehr Seiten die negativen Effekte mit, die Social Media hervorruft. Deshalb find ich es so wichtig, dass wir das ganze mal aus einer positiven Sicht betrachten, wie man gesund mit Social Media umgehen kann.

Und da hat mir die Recherche auch besonders Spaß gemacht, weil ich selber tagtäglich die sozialen Medien nutze.

Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, darüber eine Episode deines Business Coaching Podcasts zu machen?

Karin: Eigentlich aus zwei guten Gründen:

  1. Zum einen aus einer ganz persönlichen Erfahrung heraus: Ich habe mich im ersten Lockdown intensiver mit Social Media befasst und habe dabei wirklich viel gelernt: über die Faszination und vor allem über den großen Einfluss in unserer Gesellschaft.
  2. Zum anderen habe ich in den letzten Wochen mit vielen Coaches und HR-Experten gesprochen. Unter zwar über das menschliche Grund-Bedürfnis nach Zugehörigkeit in Zeiten des Social Distancing. Eine Idee fand ich da sehr spannend: Menschen, die es gewohnt sind, mit Social Media Kontakte zu pflegen, kommen mit dem „New Normal“ viel besser zurecht. In dem Fall wäre regelmäßige Social Media Nutzung derzeit sogar förderlich für das psychische Wohlbefinden …

Lea: Das kann ich mir gut vorstellen! Wenn man tagtäglich gewohnt ist online mit seinen Freunden zu schreiben oder zu facetimen ist die Umstellung auf nur „online-Kontakte“ gar nicht so anders.

Karin: Klar, also erst mal, Lea, würde mich interessieren: Welche Medien nutzt die Generation Z und wie?

Lea: Also Generation Z nutzt Social Media sowohl für private Zwecke wie Snapchat und Instagram aber auch für’s Netzwerken mit beruflichen Accounts wie z.B. über LinkedIn oder Xing. Wir sind es einfach von relativ klein auf gewohnt, mit sozialen Medien in Kontakt zu stehen, weshalb der Social Media Konsum bei uns alltäglich ist. Ich persönlich kenne z.B. nur zwei Freunde, die kein Instagram haben und die stechen schon besonders hervor, da das sonst so gut wie jeder täglich nutzt. Dafür hat bei uns fast keiner mehr Facebook, das haben wir alle früher intensiv genutzt und jetzt braucht man das, wenn vielleicht nur noch für Unigruppen.

Karin: Also, Facebook ist out, Instagram in. Persönlich kann ich noch sagen, dass LinkedIn ganz, ganz groß im Kommen ist. LinkedIn ist keineswegs nur ein Jobportal, sondern wirklich eine Social Media Plattform – im Grund die Plattform im Business Kontext.

Wieviel Zeit verbringt den ein „Zttler“ so am Tag mit Social Media?

Lea: Da habe ich bei meiner Recherche herausgefunden, dass 3 Stunden am Tag normal sind.

Karin: Wow, 3 Stunden – das ist eine Menge Zeit! Und diese Zahl stammt noch aus der „Vor-Corona-Zeit“, richtig?

Lea: Stimmt, man muss aber wissen, dass in diese 3 Stunden ja wirklich jegliche Social Media Nutzung einfließt, das heißt natürlich Instagram, Snapchat aber auch YouTube oder WhatsApp, womit viele auch evtl. mal länger telefonieren.

Karin: Aja, das ist wichtig. Dennoch interessiert mich als Psychologin natürlich die Frage: Was macht die Sache so attraktiv, dass ihr diese Zeit aufwendet? Ich glaube, um diese Frage seriös zu beantworten, muss man zwei unterschiedliche Arten der Nutzung unterscheiden: Aktive und passive, also poste ich selber oder schau ich mir an, was andere so posten, liken etc. Oder?

Lea: Auf jeden Fall! Wobei die aktive Nutzung, also dass man etwas postet, eher nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt, das ist dann schon eher der Kontakt auf WhatsApp. Die meiste Zeit wird damit genutzt passiv zu schauen, was andere posten – allein durch die Suchfunktion bei Instagram – da gibt’s ja gar kein Ende und ehe man sich versieht hat man schon wieder eine Stunde nur durch verschiedene Posts gescrollt.

Warum es allerdings so schnell 3 Stunden werden, ist auch auf das Phänomen FOMO (the fear of missing out) zurückzuführen. Und das kann ich bei mir selber auf jeden Fall bestätigen- wenn ich mal länger nicht online war, habe ich Angst eine wichtige Nachricht nicht zu lesen oder eine Story von Freunden zu verpassen.

Karin: FOMO – ein wichtiger Begriff, danke dafür. Nichts verpassen, in Kontakt bleiben – wenn ich Freunden oder Influencern folge, wird das für uns so wichtige Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit befriedigt.

Es gibt diese bekannte Bedürfnispyramide von Maslow, die besagt, dass alle Menschen typische Bedürfnisse haben, wie etwa die physiologischen Grundbedürfnisse wie Essen und Schlafen oder das Sicherheitsbedürfnis. Das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit ist ein ganz wesentliches und typisch menschliches. In diesen Zeiten des Social Distancing ein Bedürfnis, das ganz, ganz stark beeinträchtigt wird. Umso wichtiger wird es für viele, dieses Bedürfnis zumindest digital auszuleben. Und Freundschaften lassen sich ja tatsächlich so über Distanz prima erhalten – eine echte Bereicherung. Lea, glaubst du aus deiner Erfahrung, dass Generation Z dadurch das Social Distancing besser bewältigt?

Lea: Ich denke durchaus, dass es sich für uns schnell normal anfühlt, seine Freunde über FaceTime oder Zoom zu sehen und sich darüber auszutauschen. Da tun sich andere Generationen wahrscheinlich wirklich schwerer. Allerdings sind die der Generation Z gerade in dem Alter wo man meistens gerne feiern geht und viele neue Leute kennenlernt, weswegen ich nicht per se sagen würde, dass Social Distancing für die Generation Z einfacher ist – aber sie kommt mit den neuen Alternativen bestimmt oft besser zurecht.

Karin: Mhm, klar gemeinsame Erlebnisse lassen sich virtuell nur bedingt abbilden. Und die sind natürlich genauso wichtig für Beziehungen wie der Austausch.

Wenn es um das aktive Nutzen, also das Posten geht, dann spielt psychologisch gesehen das Thema Selbstwert und Aufmerksamkeit eine große Rolle. Aufmerksamkeit ist in unserer individualistischen Gesellschaft enorm wichtig, eine harte Währung. Wenn ich schöne Bilder oder kluge Sätze poste, dann zeige mich, natürlich von der Seite, die ich auch zeigen möchte, es ist also eine sehr bewusste Selbst-Inszenierung. Hinzu kommt noch die positive Verstärkung durch Likes die ich bekomme.

Lea: Genau. Einen Like zu bekommen, das stimuliert nämlich u.a. die gleichen Hirnareale wie ein Stück Schokolade essen oder einen Aperol Spritz zu trinken, also macht uns das für einen kurzen Moment richtig glücklich.

Karin: Social Media sind also verführerisch. Aber ist das schlecht? Oder per se gesundheitsgefährdend, wie oft behauptet wird? Dazu erst mal eine Klärung, was verstehen wir eigentlich unter psychischer Gesundheit? Eine Definition, die ich mag, lautet: psychische Gesundheit ist wesentlich dafür, das Leben zu genießen und gleichzeitig Schmerzen, Enttäuschung und Unglück zu vermeiden. Sie ist eine positive Lebenskraft und ein tiefer Glaube an unsere eigene Würde und unseren Selbstwert.

Und es gibt eine recht aktuelle und vor allem anspruchsvolle Studie dazu, die ein Londoner Forscherteam 2019 veröffentlicht hat. In dieser Studie wurde der Zusammenhang zwischen Social Media Konsum und der psychischen Gesundheit untersucht, aber – und das ist wichtig, nicht eindimensional. Es wurden auch noch weitere Aspekte erhoben, die eine Rolle spielen können, vor allem körperliche Aktivität und Schlafdauer.

Lea: Das ist ein guter Punkt, denn wenn ich viel im Internet bin, dann bewege ich mich tendenziell eher weniger draußen und schlafe vielleicht auch weniger. Und dann sind es die beiden Faktoren und nicht die Mediennutzung also solches, die ungesund sind.

Karin: Und genauso zeigte es sich auch in der Studie: Der Einfluss von Social Media auf die psychische Gesundheit war minimal, der Einfluss der anderen Faktoren dafür umso größer. Da bedeutet, dass es wichtig für das Wohlbefinden und die Resilienz ist, genügend zu schlafen und sich zu bewegen – eigentlich ein alter Hut. Wenn wir aber darauf achten, dann sind praktisch keine schädlichen Wirkungen von Social Media festzustellen.  Es geht also auch hier, wie eigentlich überall im Leben darum, die richtige Balance zu finden. Also für ausreichend Tankstellen und Kraftquellen in unterschiedlichen Lebensbereichen zu sorgen.

Lea: Das finde ich eine wirklich spannende Studie und es ist sicher richtig, Social Media nicht per se zu verdammen. Tatsächlich haben meine Recherchen aber auch ergeben, dass schon die Gefahr einer Abhängigkeit gegeben ist.

Karin: Das ist wichtig, du hast ja vorher schon erwähnt, wie die Likes direkt unser Gehirn positiv stimulieren. Was sind denn so die ersten Anzeichen einer Abhängigkeit von Social Media?

Lea: Also Zeichen von einer Abhängigkeit wären z.B., wenn man sich schwer vorstellen kann seine Zeit ganz ohne Social Media zu verbringen, man virtuellen Kontakt dem realen Kontakt vorzieht oder man eine deutliche Stimmungsänderung merkt, wenn das Internet mal nicht geht oder bestimmte Apps nicht genutzt werden können. Außerdem sind es Anzeichen, wenn der eigene Social Media Konsum vor anderen Menschen heruntergespielt wird oder man gedanklich durchgängig bei den Apps ist und man auch trotz Stress oder Zeitdruck auf den Social Media Kanälen unterwegs ist.

Karin: Abstinenzunfähigkeit, Herunterspielen bzw. Leugnen – das klingt sehr ähnlich wie alles, was wir Psychologen generell über die Suchtthematik wissen. Gibt es denn spezifische Tipps, wie man dem Vorbeugen kann? Haben deine Recherchen da was ergeben?

Lea: Zuallererst ist es schon mal ein guter Start, wenn man nicht gleich mit dem Checken von Social Media den Tag beginnt – also genau das vermeidet, was du am Anfang geschildert hast. Auch untertags bewusste digitale Pausen setzt, wie z.B. ohne sein Handy zu essen. Außerdem kann ein Social Media Detox auch total gut tun, sei es nur ein Wochenende oder ein ganzer Urlaub. Das habe ich selber auch schon ein paar mal gemacht und es jedes Mal für richtig erholsam empfunden. Dann kann es helfen, die Push-Nachrichten abzustellen und auch nur bewusst die sozialen Apps nutzen, die einem gut tun, d.h. die Netzwerke, die in einem negativen Gefühl hervorrufen, entfernen.

Karin: Was könnte das zum Beispiel sein?

Lea: Zum Beispiel einzelne Seiten, denen man auf Instagram folgt. Ich persönlich habe extrem gemerkt, wie gut es mir tut, mir bewusst zu werden, dass Social Media nur eine Projektion und nicht die Realität ist und welche Seiten auf Instagram das eher vertuschen und welche mehr das „normale“ Leben abbilden. Und die tun mir dann wiederum auch eher gut!

Karin: Bewusste Nutzung, sowohl das „Wann“ als auch das „Was“ betreffend, das scheint mir ein sehr wichtiger und guter erster Schritt zu sein. Hast du zum Schluss noch einen persönlichen Tipp für unsere Hörer?

Lea: Klar! Meine Freunde und ich nutzen gerne die App Forest, denn jede Minute, die man nicht am Handy ist, wird in einen Baum investiert und wenn man lang genug nicht am Handy war, wird der Baum dann auch tatsächlich gepflanzt. Das hat dann natürlich auch noch einen super Umweltaspekt.

Karin: Das klingt echt gut. Und vielen Dank, dass du wieder dabei warst, liebe Lea!




#6 Kundenzentriertes Selbstmarketing: Entdecken Sie die Employer Experience Journey
Der Business Coaching Podcast

In der neuesten Folge von DER BUSINESS COACHING PODCAST übertragen die Markenführungsexpertin und Buchautorin Dr. Miriam Jentschke und ich das Modell der Costumer Experience Journey (CEJ) auf Selbstmarketing und Networking. Marketingaktivitäten werden passgenau auf die fünf Stationen dieser Journey ausgerichtet, immer steht der Kunde im Fokus. In unserer EMPLOYER EXPERIENCE JOURNEY haben wir potentielle Auftrag- oder Arbeitgeber im Blick. Welche Bedürfnisse haben sie in den unterschiedlichen Stationen der Journey? Und wie kann ich Nutzen stiften? Im Podcast begibt sich der IT-Spezialist Max auf die Reise – begleiten Sie ihn auf seinen fünf Selbstmarketing-Stationen! Ein wichtiges Thema, denn besonders in Zeiten von Social Distancing und Home Office gilt es neue, innovative Wege in Bezug auf Selbstmarketing und Networking zu beschreiten.

Das Gespräch in Auszügen:

Karin:

In der heutigen Folge geht es um Selbstmarketing und ich freue mich sehr heute Dr. Mirjam Jentschke zu Gast zu haben. Sie ist Markenführungsexpertin und im Frühjahr ist im Springer Verlag ihr Buch zum Thema „Kundenzentriertes Markenmanagement – Effektive Markenführung entlang der Customer Experience Journey“ erschienen. Den Customer Experience Journey Ansatz mit den Prinzipien der klassischen Markenführung zusammenzubringen ist neu.

Ich fand das Thema superspannend und habe mich gefragt, ob sich dieser Ansatz auf Selbstmarketing übertragen lässt. Und ob Mirjam Jentschke mal zu Gast bei mir sein würde. Und erfreulich Weise hat sie zu beidem ja gesagt.

Liebe Mirjam, herzlich willkommen, ich freue mich sehr, dass du hier bist!

 

Mirjam:

Danke. Ich freue mich den im Buch vorgestellten Ansatz mal aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten.

 

Karin:

Selbstmarketing und Networking sind für jede Karriere unerlässlich. Hohe Kompetenz und gute Leistung genügen nicht. Ich muss diese auch sichtbar machen und über ein tragfähiges Netzwerk verfügen. Soweit bekannt. In Zeiten des Social Distancing und des Arbeiten im HO funktioniert allerdings vieles, was früher bewährt war nicht mehr. Selbstmarketing muss sehr viel strukturierter werden, weil zufällige Begegnungen und Lunch- und Kaffeedates so nicht mehr möglich sind. Und genau hier können wir von der Marketingexpertin lernen! Mirjam, was ist das Besondere am der Customer Experience Journey – CEJ kürzt man das ab, richtig?

Mirjam: 

Genau, kurz CEJ. Die Customer Experience Journey ist ein Kaufentscheidungsmodell, das zur Ausrichtung von Marketingaktivitäten auf den Kunden eingesetzt wird. Es beschreibt grob 5 Phasen, die eine Kunde im Kaufentscheidungsprozess durchläuft. In diesem Modell schaut man sich an, welche Bedürfnisse der Kunde in den unterschiedlichen Phasen der Journey hat (was stört ihn, was gefällt ihm) und welche Kontaktpunkte es gibt. Auf Basis dessen kann man dann Maßnahmen definieren. Es gibt 2 Besonderheiten bei dem Modell: 1. Die stärkere Ausrichtung an dem Kunden und seinen Bedürfnissen und 2. Die Zielsetzung eine dauerhafte, nachhaltige Beziehung mit dem Kunden, davon ausgehend, dass es aufwendiger ist, neue Kunden aufzubauen und zu akquirieren als bestehende Kunden in der Journey zu halten.

Karin:

Und genau diese beiden Aspekte sind auch für das Selbstmarketing superwichtig! Es gilt, potentielle Auftrag- oder Arbeitgeber im Blick zu haben und sich zu fragen: Was interessiert diese Personen? Welche Bedürfnisse haben sie? Und wie kann ich Nutzen stiften? Mit diesem empathischen Ansatz fühlen sich die allermeisten meiner Coachees auch wesentlich wohler, als wenn sie das Gefühl haben, sich marktschreierisch aufdrängen zu müssen. Mit Selbstmarketing stifteten sie jetzt Nutzen, für den Netzwerkpartner, für das Unternehmen – und am Ende natürlich auch für sich selbst.

Mirjam:

Genau hier hilft der Customer Journey Ansatz, denn er basiert auf der genauen Kenntnis, aber auch, und das ist neu, einer empathischen Beziehung zur Zielgruppe. Es ist wichtig, potenzielle Arbeitgeber und Vorgesetzte nicht nur als anonyme Masse zu betrachten, sondern sich in sie hineinzufühlen. Da hilft der Persona-Ansatz.

Karin:

OK, was verstehen die Marketingexperten unter Persona-Ansatz?

Miriam:

Die Persona ist eine exemplarische Person aus der Zielgruppe/ dem Adressatenkreis, die man bildhaft beschreibt, so dass man sich besser in sie hineinversetzen kann und ihre Bedürfnisse besser versteht. Was sind berufliche und ggf. persönliche Interessen und mit Blick auf mögliche Kontaktpunkte: Wo kann ich diese Persona antreffen? Welche Medien nutzt sie? Was ist ihre Erwartungshaltung in Bezug auf das soziale Miteinander? Was sind Werte, die ihr wichtig sind?

 

Karin:

Das finde ich sehr hilfreich, die Zielgruppe zu personalisieren. Und sich dann in diese Persona hineinzuversetzen. Im Coaching nennen wir das Perspektivwechsel, also den Blickwinkel des Adressaten einnehmen, sich sozusagen in dessen Schuhe zu stellen.

Karin:

Lass uns da doch mal ein Beispiel ganz konkret durchspielen. Ein Experte aus dem IT-Bereich, wir nennen ihn Max, möchte sein Selbstmarketing professionalisieren und strukturiert diese nach der CEJ. Zielgruppe für sein Selbstmarketing wären zunächst mal alle Führungskräfte, die einen interessanten Job oder ein spannendes Projekt für ihn haben könnten. Die Persona wäre dann eine prototypische Führungskraft, z.B. eine Bereichsleiterin.

Mirjam:

Übertragen auf das CEJ Modell befindet er sich in der 1. Phase der CEJ, der Markenpräferenzphase, hier gibt es keinen konkreten Kontaktanlass für die Bereichsleiterin, sondern es geht um das allgemeine Kennenlernen einer Person im Sinne einer Marke, ein nicht zielgerichtetes Kennenlernen. Man sucht nach Inspiration, emotionale Bedürfnisse stehen im Vordergrund. Hier gilt es für Max die eigene Kompetenz unter Beweis zu stellen, also klassisches Personal Branding zu betreiben

Karin:

Klassisches Personal Branding – ein zentrales Stichwort an der Stelle, das ich im Karrierecoaching gerne als „klares persönliches Profil“ bezeichne. Das muss vorher erarbeitet sein, das muss prägnant sein, das sollte auch überzeugend kommuniziert werden können, das spiegelt sich wider z.B. im CV, in Auftritten im Intranet, Beiträge in Social Media.

Mirjam:

Der Fokus liegt hier auf der klassischen Push Kommunikation, man geht eher in die Breite und die Kommunikation ist noch nicht auf bestimmte Personen gerichtet – Maßnahmen können dann z.B. Posts zum eigenen Kompetenz Bereichen auf LinkedIn, im Intranet sein. Im Automobilbereich wäre das eine klassische TV-Kampagne zur Einführung eines neuen Modells.

Karin:

Jetzt ergibt sich bei einer Bereichsleiterin der Bedarf, eine IT-Stelle zu besetzen.

Mirjam:

Hier startet die 2. Phase der CEJ, die Orientierungsphase. Es besteht jetzt seitens der Zielgruppe, also der Bereichsleiterin ein konkreter Bedarf, z.B. der Bedarf eine offene Stelle zu besetzen. Hier interessiert sich die Bereichsleiterin konkret für potenzielle Kandidaten, die ihren Anforderungen genügen und ihren konkreten Zielsetzungen entsprechen

Karin:

Und idealerweise hat das Selbstmarketing in der Markenpräferenzphase schon so gut funktioniert, dass die Persona an den IT-Experten Max denkt und ihn anspricht.

Mirjam:

Klar und darauf kann er eine Kommunikation und einen Austausch aufbauen und auf die ganz spezifischen Bedürfnisse der Bereichsleiterin eingehen. Er sollte sich überlegen, inwiefern er mit seinen Kompetenzen zu den Zielsetzungen der Bereichsleiterin beitragen kann, z.B. Projekte, Veröffentlichungen, die besondere Relevanz haben für die konkreten Bedarfe der Bereichsleiterin in den Vordergrund stellen Und er sollte dann natürlich auf die persönliche Kontaktaufnahme setzen: Z.B. über persönliche Nachrichten (E-Mail, Telefonat, LinkedIn Message).

Karin:

Du hast bei Phase 1., der Markenpräferenzphase, ein Beispiel aus dem Marketing gebracht, das fand ich sehr hilfreich. Was wäre in dieser Orientierungsphase, der 2. Station der Journey das Äquivalent? Gerne wieder aus dem Automobil-Marketing.

Mirjam:

Wenn ein Kunde ein neues Auto braucht, sucht er üblicherweise nach den Wunschmodellen seiner präferierten Marke im Internet. Dort bekommt er dann häufig Suchmaschinen Werbung seines präferierten Modells und es werden z.B. gezielt Probefahrten angeboten.

 

Karin:

Superspannend finde ich jetzt die beiden nächsten Phasen. Denn die CEJ hört beim Kauf, sprich „die Bereichsleiterin hat Max eigestellt“ nicht auf.

Mirjam:

Hier gilt es nach dem CEJ Modell, in der Phase der ersten Zusammenarbeit, der sogenannten „Nutzungsphase“, die Wahl der Bereichsleiterin durch den Aufbau einer persönlichen Beziehung und natürlich auch durch eine gute Arbeitsleistung zu bestätigen. Wir wissen, dass diese positive Verstärkung sehr wichtig ist zur Rechtfertigung der eigenen Entscheidung gegenüber sich selbst und gegenüber anderen. Die Bereichsleiterin will das gute Gefühl haben die richtige Wahl getroffen zu haben.

Karin:

Ganz genau. Nun gibt es, psychologisch betrachtet zwei Möglichkeiten, Beziehung aufzubauen. 1. in dem ich etwas von dem anderen erfahre und 2. durch gemeinsame Erlebnisse. Das im Hinterkopf zu behalten, ist besonders wichtig, wenn man remote zusammen arbeitet. Hier muss aktiv investiert werden!! Also: Max sollte, wenn irgend möglich mit der Chefin in einem gemeinsamen Projekt arbeiten, auch mal ein persönliches Treffen initiieren …

Die 5. und letzte Phase, die Wiederkaufsphase im Modell passt auch wieder perfekt auf Selbstmarketing und Networking. Hier geht es um dauerhaften Kontakt um einen Wiederkauf vorzubereiten. In unserem Beispiel würde die Bereichsleiterin den Job wechseln. Was sind nun ihre Bedürfnisse und wie kann Max positiv in Kontakt bleiben?

Mirjam:

In dieser letzten Phase der Journey steht weiterhin die persönliche Kommunikation im Vordergrund. Anlässe wie Geburtstag kann man für ein Update nutzen, über den eigene Karrierefortschritt oder neue Projekte oder News aus der alten Abteilung zu informieren, ggf. persönliche Treffen. Aber man kann natürlich auch anonymer und unverbindlicher in Kontakt bleiben, indem man sich über LinkedIn in Erinnerung bringt. – und hier schließt sich dann auch wieder der Kreis – ggf. gibt es ja auch bei der alten Chefin neue Vakanzen.

Karin:

Richtig und vielleicht passen diese dann genau in den Karriereplan von Max. Super, also ich finde das Modell der CEJ ist wirklich perfekt geeignet, sein Selbstmarketing und Networking zu strukturieren und konsequent und langfristig orientiert zu betreiben. Gibt es aus deiner Sicht noch einen wichtigen Aspekt zum Abschluss?

Mirjam:

Wichtig ist, dass man auf die Bedürfnisse des Adressatenkreises eingeht, seine Selbstmarketing Aktivitäten also an der „Employer Experience Journey“ ausrichtet, aber man muss dies auf seine eigene Art und Weise tun und sich seine Identität, Stichwort Personal Brand, bewahren, denn sonst verliert man an Authentizität und wird austauschbar.

Karin:

Dank für das Stichwort Authentizität, das ist meinen Coachees auch immer ganz besonders wichtig, authentisch zu bleiben. Und die Bezeichnung „Employer Experience Journey“ finde ich perfekt – da erkennt man die Marketingspezialistin!

Vielen, vielen Dank für das Gespräch, für deine Zeit und vor allem auch Kreativität beim Übertragen des Modells auf das Selbstmarketing.

Miriam:

Danke dir! Ich habe viel gelernt und es hat viel Spaß gemacht!




#5 Karriereanker oder welches sind Ihre Motivatoren?
Der Business Coaching Podcast

In der neuen Episode meines Podcasts geht es um „innere Karriere“, darum in Einklang mit den eigenen Werten und dem eigenen Selbstbild zu leben.
In seinen Untersuchungen von Managementkarrieren hat Edgar Schein, ein weltberühmter Sozialwissenschaftler, acht unterschiedliche Karriereanker ermittelt. Autonomie/Unabhängigkeit und Sicherheit/Stabilität sind zwei davon, Herausforderung und Work-Life-Balance zwei weitere. Meine Coachingspraxis zeigt, dass die wenigsten Menschen nur einen Anker haben, sondern meist zwei bis drei Leitmotive. Wenn diese widersprüchlich sind wie bei meinem Coachee Paul Hoffmann, dann kann es schwierig werden, eine berufliche Entscheidung zu treffen. Hören Sie rein!

Das Gespräch in Auszügen:

Paul Hoffmann hat ein Coaching bei mir angefragt, es geht um seine berufliche Neuorientierung bei mir angefragt. Ich lass ich ihn gleich mal selbst die Situation schildern:

Seit unser Unternehmen von einem internationalen Konzern aufgekauft wurde, gibt es immer mehr Regularien und Prozessvorschriften und Standards und  weiß nicht was alles – das macht immer weniger Spaß! Und zwei sehr gute Freunde liegen mir auch schon länger in den Ohren, dass ich mich mit Ihnen zusammen selbstständig machen soll. Ihre Businessidee ist echt gut! Weil unsere Company von der Krise hart getroffen ist, könnte ich jetzt bestimmt einen guten Aufhebungsvertrag verhandeln, also wenn nicht jetzt, wann dann? Aber ich kann mich einfach nicht entscheiden…

Das klingt im ersten Moment tatsächlich wie ein typisches Entscheidungsdilemma: Soll ich gehen oder bleiben? Doch intuitiv lasse ich meinen Coachee erst mal seine Karrieremotivation ermitteln, und zwar mit meinem Karriereanker-Test. Und tatsächlich zeigt sich, dass seine zwei am höchsten ausgeprägten Karriereanker kaum gegensätzlicher sein könnten.

Den höchsten Testwert haben Sie bei Autonomie/Unabhängigkeit.

Menschen mit dem Karriereanker Autonomie legen größten Wert auf Freiräume und Freiheit in der Gestaltung ihrer Aufgaben. Sie wollen selbst bestimmen, welche Prioritäten sie setzen und welche Methoden sie anwenden. Betriebliche Reglementierungen und Vorschriften erleben sie als beengend.

Absolut, genauso ist es. Die vielen Prozessvorschriften und Standard lassen mir immer weniger Raum für eigene Ideen und Gestaltungsspielraum.

Praktisch genauso hoch ausgeprägt ist bei Ihnen noch ein zweiter Karriereanker, nämlich Sicherheit und Stabilität.

Menschen mit diesem Karriereanker legen viel Wert auf Sicherheit ihrer beruflichen Situation. Und sie legen großen Wert auf die Zugehörigkeit zu ihrer Firma und vermeiden risikoreiche berufliche Entscheidungen.

Ja, das stimmt natürlich auch. Obwohl ich mich über den vielen bürokratischen Kram ärgere, fühle ich mich meiner Company sehr verbunden. Und ich hab halt auch Verantwortung für meine Familie. Das ist bei meinen beiden Freunden anders, sie sind frei und ungebunden. Den beiden geht es in erste Linie darum, ihre Geschäftsidee umzusetzen, ihr eigenes Produkt zu verkaufen und ein Unternehmen aufzuziehen. Das Risiko dabei spornt sie richtig an.

 

Die beiden haben ganz offensichtlich eine hohe Unternehmerische Orientierung. Dieser Karriereanker ist bei Ihnen, Herr Hoffman,  nur mäßig hoch ausgeprägt und ein hohes Risiko einzugehen, das widerstrebt Ihrem Sicherheitsbedürfnis.

Jetzt sollte ich aber mal das Modell der Karriereanker erklären.

Das Modell stammt von Edgar Schein. Der hat es schon vor etlichen Jahrzehnten auf der Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen entwickelt. Und zwar hat der die Karriereverläufe von MBA-Absolventen verfolgt. Dabei haben ihn allem mit zwei Forschungsfragen interessiert:

  1. Was sind die Hauptbeweggründe, Bedürfnisse und Ziele hinter den Karrieren?
  2. Welche Werthaltungen stecken hinter dem beruflichen Engagement?“

Es geht also um eine Innere Karriere

darum im Einklang mit den eigenen Werten und dem eigenen Selbstbild zu leben. Und genau das macht dieses eigentlich nicht mehr ganz taufrische Konzept im 21. Jahrhundert wieder so populär und relevant. Denn diese Selbstverwirklichung und persönliche Weiterentwicklung ist vielen, vor allem auch jüngeren Fach- und Führungskräften heute sehr, sehr wichtig. Sie wollen im Beruf und insgesamt in ihrem Leben das eigen Selbstbild zum Ausdruck bringen.

Die eigenen Wertevorstellungen entwickeln sich natürlich vor der eigentlichen Berufsphase. Sie bildet sich durch berufliche Erfahrungen aber immer deutlicher heraus. Dabei entwickelt jeder Mensch ein Gespür dafür, was seins ist und was nicht. Unser Selbstbild fungiert als Kompass, wirkt aber auch als Anker, der die Wahlmöglichkeiten beschränkt. Er hält uns sozusagen ‚auf Kurs’ oder im ‚schützenden Hafen’. Wenn Menschen sich auf ihre bisher getroffenen Entscheidungen besinnen, erkennen sie immer wieder, dass sie zu Dingen zurückgezogen werden, von denen sie schon abgekommen waren. Der Anker als Metapher meint dieses Zurückgezogen-werden. Das Schiff kann auf dem Wasser in die eine oder andere Richtung fahren, aber in der Tiefe liegt der Anker und begrenzt die Reichweite des Schiffs.

In seinen Untersuchungen von Managementkarrieren hat Edgar Schein 8 unterschiedliche Karriereanker ermittelt, Autonomie/Unabhängikeit einerseits und Sicherheit/Stabilität andererseits sind zwei davon. Die unternehmerische Orientierung, über die Paul Hoffmans Freunde so ausgeprägt verfügen, ist übrigens ein dritter Karriereanker.

Meine Coachingspraxis zeigt, dass die wenigsten Menschen nur einen Anker haben, sondern meist zwei bis drei Leitmotive. Wenn diese widersprüchlich sind wie bei Paul Hoffmann, dann kann es schwierig werden, eine berufliche Entscheidung zu treffen. Oder man tut sich schwer, eine berufliche Heimat zu finden, in der man sich voll und ganz wohl und zuhause fühlt.

Ich habe ein Kurztest entwickelt, mit dem meine Klienten eine Übersicht darüber erhalten, wie hoch jeder der 8 Anker ausgeprägt ist. Aus dem Zusammenspiel der unterschiedlichen Ausprägungen ergibt sich ein Bild, das wir im Coaching interpretieren und aus dem wir Schlüsse über passende berufliche Optionen ziehen können.

Was mir an der Geschäftsidee meiner Freunde halt auch so gut gefällt ist, dass das Produkt echt Sinn macht, es ist nachhaltig, klimaneutral, ich kann mich mit der Idee wirklich gut identifizieren. Und das ist mir auch wichtig.

Das passt dazu, dass der Karriereanker Sinn- und Werteorientierung bei Ihnen auch im oberen Bereich liegt.

Menschen mit diesem Karriereanker möchten in ihrem Arbeitsfeld bestimmte Wertvorstellungen verwirklichen und legen großen Wert auf sinngebende Elemente in ihrer Tätigkeit.

Eine gewisse Rolle spielt bei ihnen auch der Karriereanker Work-Life-Balance.

Ihnen ist es wichtig, Zeit mit Ihren Kindern zu verbringen und Sie haben mir erzählt, dass Sie  ein passionierter Mountainbiker sind.

Ich fürchte, wenn wir unsere Firma gründen, dann bleibt dafür keine Zeit mehr. Meine beiden Freunde sind eher Typ Workaholic und halt eben ungebunden. Ich möchte aber was von meinen Kindern mitkriegen und ohne meinen Sport bin ich nicht zu genießen.

Die Karriereanker sind nur ein Teil des Karrierepanoramas das ich mit meinen Coachings im Rahmen ihrer beruflichen Neuorientierung erarbeite. Ein anderes sind die Signaturstärken, die ich in der letzten Folge vorgestellt habe. Und es gibt noch einige weitere Panoramaaspekte – aber es gibt ja auch noch weitere Podcastfolgen. Die Karriereanker sind jedoch ein ganz zentrales und wertvolles Puzzelteil in dem Gesamtbild, eben weil es um Werte geht und Werte als Kompass für unser Leben fungieren.

Für Paul Hoffmann war die Analyse seiner Karriereanker sehr hilfreich. Er hat erkannt, dass er zwar Freiräume braucht, die Selbstständigkeit ihn jedoch in seinem Grundbedürfnis nach Sicherheit zu stark beeinträchtigt. Er entscheidet sich, zunächst zu versuchen, in seinem derzeitigen Job mehr Freiheitsgrade zu erwirken und wir werden im nächsten Coaching Strategien und Wege erarbeiten. Sein Fazit aus dieser Coachingssession:

Meinen Freunden endgültig abzusagen, tut  mir zwar leid, meine neue Klarheit fühlt sich aber total befreiend an.




#4 CV – Internationale und interkulturelle Unterschiede
Der Business Coaching Podcast

Die vierte Episode von meinem BUSINESS COACHING PODCAST ist online!
Hierfür habe meine Kollegin Lea Menzel eingeladen, die in unserem Team die Expertin in Sachen CVs ist. Durch ihr Studium an der International School of Management weiß sie auch sehr viel über die interkulturellen Unterschiede in der Selbstdarstellung. Gemeinsam werden wir über die Bedeutung eines wirklich guten Lebenslaufs, die wichtigsten Do’s und Don’ts beim Verfassen eines CVs und die interkulturellen Unterschiede in der Selbstdarstellung sprechen. Wir werden auch einen genaueren Blick auf das Hofstede-Modell über die verschiedenen Kulturdimensionen werfen.

Das Gespräch in Auszügen:

Dos:

  • Übersichtliche Gliederung
  • Chronologisch absteigende Struktur
  • Kurze und klare Formulierungen
  • Vollständige Angaben zu allen beruflichen Positionen
  • Qualifikationen an Stellenanforderungen anpassen
  • Stellenbezeichnung und Bildungsabschlüsse hervorheben
  • Zeitdaten mit Monat und Jahr
  • Foto in sehr guter Qualität mit angemessener Geschäftskleidung
  • Kontaktinformationen überprüfen
  • Lebenslauf unter Vor- und Nachnamen speichern
  • 2 Seiten

Don’ts:

  • Kein Passfoto oder privates Foto
  • Zu viele verschiedene Farben oder Schriften
  • Irrelevante oder unnötige private Informationen
  • Inhaltliche Widersprüche zu anderen Quellen (Online-Profile etc.)
  • Grammatik- oder Rechtschreibfehler
  • Lücken vertuschen oder lügen
  • Offensichtliche Verwendung von Mustern und Vorlagen

Lebenslauf

USA: Resume

  • Kein Foto
  • Kein Datum, keine Unterschrift
  • Keine Zeugnisse
  • Kein Geburtsdatum, kein Geburtsort
  • Keine Religion
  • Kein Familienstand
  • Keine Gehaltsvorstellungen
  • Optional: Objective oder Personal Profile
  • References (oder auf separater Seite)
  • Oder: References available on/upon request

UK: Curriculum Vitae/CV

  • Kein Foto
  • Kein Datum, keine Unterschrift
  • Keine Zeugnisse
  • Geschlecht, Familienstand, Alter, Geburtsort, Religion eher weglassen, ist aber möglich als „Personal Details“
  • Keine Gehaltsvorstellungen
  • Optional: Objective oder Personal Profile
  • References/Referees (oder auf separater Seite)
  • Oder: References available on/upon request

Anschreiben

USA: Cover letter

  • Datum: z.B. June 28, 2015
  • Mr./Ms. (mit Punkt)
  • Dear Ms. Smith: Anschließend Großschreibung
  • Sincerely, (mit Komma)
  • Betreffzeile zwischen Adresse und Anrede:
    Company Adress
    Ref: Advertisement in New York Times for…
    Dear Mr. Smith:
  • Absenderadresse mit Germany ergänzt
  • Telefonnummer mit internationaler Vorwahl und E-Mail-Adresse
  • Keine Gehaltsvorstellungen
  • Konkrete Ankündigung follow up: e.g. I will call you next week to discuss …

UK: Covering letter

  • Datum: z.B. 28 June 2015
  • Mr/Ms (ohne Punkt)
  • Dear Ms Smith (mit oder ohne Komma)
  • Sincerely, (wenn nach Anrede Komma)
  • Sincerely (wenn nach Anrede kein Komma)
  • Betreffzeile zwischen Anrede und Haupttext:
    Dear Mr Smith
    Ref: Advertisement in London Times for…
    I am applying for the position of…
  • Absendeadresse mit Germany ergänzt
  • Telefonnummer mit internationaler Vorwahl und E-Mail-Adresse
  • Optional: Gehaltsvorstellungen
  • Vorsichtigere Ankündigung follow-up: e.g. I would welcome the opportunity to discuss this post further.

Deutscher Lebenslauf

  • Foto
  • Datum, keine Unterschrift
  • Zeugnisse
  • Geburtsdatum, Geburtsort, Familienstand angeben
  • optional Religion
  • optional Gehaltsvorstellungen
  • optional Referenzen

Englischer CV

  • Kein Foto
  • Kein Datum, keine Unterschrift
  • Keine Zeugnisse
  • Kein Geburtsdatum, kein Geburtsort
  • Keine Religion
  • Kein Familienstand
  • Keine Gehaltsvorstellungen
  • Referenzen angeben




#3 Signaturstärken erkennen oder: Was genau macht Sie erfolgreich?
Der Business Coaching Podcast

Wissen Sie eigentlich, welche Stärken sie ganz persönlich charakterisieren? Nein? Dann sind Sie keinesfalls allein. Die wenigsten Menschen können genau benennen, was sie besonders gut können. Warum das so ist? Weil genau das, was wir sehr gut können, uns oft so selbstverständlich vorkommt.
In der dritten Folge von „Der Business Coaching Podcast“ spreche ich mit Coachee Moritz Hartner über die Relevanz genau dieser Signaturstärken im privaten und beruflichen Kontext, wie ich diese in meinen Coachings gemeinsam mit dem Coachee ermittle und was eine sogenannte „Stärkendusche“ ist.
Übrigens: Die Episode ist Teil einer Miniserie zum Thema der beruflichen und persönlichen Neuorientierung.

Das Gespräch in Auszügen:

Wissen Sie eigentlich, welche 3 – 5 Stärken sie ganz persönlich charakterisieren und entscheidend zu Ihren bisherigen Erfolgen beigetragen haben? Nein? Dann sind Sie keinesfalls allein. Die wenigsten Menschen können genau benennen, was sie besonders gut können. Das kommt daher, weil genau das, was wir sehr gut können, uns oft so selbstverständlich vorkommt. Ich geb Ihnen mal ein paar Beispiele dazu:

„Das ist doch nichts Besonderes, dass ich bei einer 5-seitigen Tabelle sofort die zwei Zahlendreher erkenne“ ist ein Beispiel für so einen Denkfehler

„Jeder hat doch in allen Abteilungen der Firma einen guten Bekannten, den er schnell mal um einen Gefallen bitten kann“. Wer das denkt, erkennt nicht, dass er oder sie besonders gut im Netzwerken ist.

Ich habe tatsächlich kürzlich bei einer Coachee ein kleines Aha-Erlebnis erzielt. Und zwar als ich sie davon überzeugen konnte, dass es nicht selbstverständlich ist, 5 Sprachen fließend zu sprechen, sondern dass ihr Sprachtalent eine besondere Stärke ist.

Ich mache sehr häufig Karrierecoachings bzw. begleite meine Coachees bei ihrer beruflichen Neuorientierung. Am Anfang ermitteln wir immer ihre Signaturstärken. Es hat drei Gründe, warum die Signaturstärken sozusagen das Herzstück des Karrierecoachings sind.

Grund Nummer 1: Wer seine Signaturstärken kennt, kann sie bewusst einsetzen und selbstbewusst kommunizieren.

Grund Nummer 2: Je mehr Ihrer Signaturstärken Sie bei einem Job einsetzen können, desto erfolgreicher und zufriedener werden Sie sein. Es gibt sogar Untersuchungen, die zeigen, dass Menschen stressstabiler sind und gesünder bleiben, wenn das Anforderungsprofil einer Stelle mit ihrem Stärkenprofil übereinstimmt.

Grund Nr. 3: Die Übung, mit der ich im Coaching die Signaturstärken ermittele, ist sehr kraftvoll, stärkend und absolut motivierend.

Die Übung heißt „Erfolgsgeschichten schreiben“. Ich gebe meinen Coachees einen Leitfaden an die Hand und bitte sie, drei Erfolge anhand dieses Leitfadens aufzuschreiben. Das müssen keine „Weltrettungsprojekte“ sein, es können kleinere oder größere, berufliche oder auch private Erfolgserlebnisse sein. Manchen Coachees fällt das ganz leicht. Andere wiederum müssen länger überlegen. Ausnahmslos alle finden es am Ende sehr gut sich die eigenen Erfolge und den Weg dahin vor Augen geführt zu haben.

Ich lasse jetzt mal meinen – natürlich fiktiven – Coachee Moritz Hartner eine Erfolgsgeschichte erzählen:

Coachee: Also, bei dieser Erfolgsgeschichte geht`s darum, dass ich gegen wirklich heftigen Widerstand zwei Teams integriert habe und das Team dann zu einem großen Projekterfolg geführt hab. Dieser Erfolg hat das Team perfekt zusammengeschweißt und das Projekt gilt noch heute als technologischer Meilenstein!

 

Es ist schon ein paar Jahre her, ich hatte gerade meine erste Teamleitung übernommen. Der neue Hauptabteilungsleiter hat eine Umstrukturierung durchgeführt und mein Team und ein Nachbarteam wurden zusammengelegt. Der Kollege, der das Nachbarteam geführt hat, war supererfahren und extrem beliebt bei seinem Team. Überraschenderweise hab aber ich die Teamleitung für das neue, zusammengelegte Team übertragen bekommen. Im Nachhinein hab ich erfahren, dass der neue Hauptabteilungsleiter von meinen strategischen Fähigkeiten sehr überzeugt war. Er kannte mich aus zwei ziemlich gut gelungen Projektpräsentationen.

 

Ich hab natürlich erst mal geschluckt, mich dann riesig gefreut und sofort auch die Chancen gesehen, die wir mit den vereinten Kompetenzen im neuen Team haben. Aber natürlich auch die Widerstände. Das Nachbarteam konnte absolut nicht verstehen, warum ich als Youngster und nicht ihr geliebter Harald der Teamleiter wurde.

 

Was hab ich getan? Ich hab mich erst mal mit meinem Mentor beraten, mit Freunden und Kollegen gesprochen, die Ähnliches schon mal erlebt haben. Alle hatten interessante Anregungen für mich und ich habe mir dann ein sehr strukturiertes Vorgehen zurechtgelegt. Das begann mit einer extrem gut vorbereiteten Antrittsrede. In der Rede war´s mir wichtig, ehrlich und glaubwürdig und gleichzeitig positiv und überzeugend rüberzukommen. Die Rede habe ich sogar vorab ein paar Mal geprobt und sie kam sehr gut an. Nachher habe ich Einzelgespräche mit allen geführt, jeden abgeholt, einen Teamworkshop gemacht – das übliche halt, aber sehr konsequent, strukturiert und mit persönlichem Engagement.

 

Durch mein Netzwerk hab ich dann von einem technisch enorm anspruchsvollen Projekt erfahren – mit höchster Sichtbarkeit, aber auch vielen Unwägbarkeiten. Ich habe mich entschieden, dass ich versuch das Projekt für mein neues Team an Land zu ziehen – ein ziemliches Risiko, ehrlich gesagt und ich musste mir total schnell sehr viel Wissen aneignen …

 

Am Ende, das darf ich so sagen, wurde das Projekt ein Riesenerfolg, von dem Stefan Hartner noch heute eine tolle Reputation im ganzen Unternehmen hat.

So, und was hab ich jetzt an Stärken, Fähigkeiten und Kompetenzen aus dieser Erfolgsgeschichte herausgehört?

  • Also, erst mal sind Sie sehr strukturiert, das zeigt der Aufbau der Geschichte, man weiß sofort um was es geht; aber auch an die Integration der beiden Teams sind Sie sehr strukturiert rangegangen
  • Und Sie haben einfach eine strategische Vorgehensweise, deswegen hat der Hauptabteilungsleiter sie ja ausgewählt
  • Und Sie können echt gut präsentieren. So sind Sie dem Hauptabteilungsleiter überhaupt erst aufgefallen und das haben Sie bei dem Projekt auch wieder super gemacht
  • Sie haben ein super Netzwerk und das nutzen sie auch, um sich zu beraten. Über ihr Netzwerk erfahren Sie von spannenden Projekten und holen sich die Projekte dann ins Team
  • Sie sehen die Chancen und nutzen die auch und sind mutig -die Leitung des neuen, zusammengelegten Teams ist dafür ein gutes Beispiel und dann haben Sie sich auch gleich getraut, ein solches Prestigeprojekt an Land zu ziehen
  • Sie haben einen hohen Anspruch an sich und bereiten sich sehr gut vor – z. B. auf die Antrittsrede
  • Und in der Antrittsrede haben Sie dann durch Ihr Überzeugungsfähigkeit,  durch Ihre Motivationskraft und durch Ihre persönliche Glaubwürdigkeit den ersten, ganz, ganz wichtigen Schritt zum Erfolg geschafft

Das Feedback geht im Coaching noch eine Weile weiter und ich nenne das „Stärkendusche“. Es ist wie eine herrliche, erfrischende Dusche, seine Stärken und Ressourcen widergespiegelt zu bekommen!

Moritz Hartner erzählt nun seine zweite Erfolgsgeschichte, etwas sehr technisches, das lasse ich hier mal außen vor. Die dritte Geschichte finde ich noch sehr spannend, sie handelt von einem privaten Erfolg – er hat für seinen besten Freund ein Überraschungsfest zum 40. Geburtstag organisiert und Freude aus der gemeinsamen Studienzeit sind aus der halben Welt dazu angereist.

Am Ende sind seine Signaturstärken glasklar, sie zeigen sich in jeder Erfolgsgeschichte. Ich lasse sie Moritz Hartner jetzt mal selber formulieren:

Coachee: Ich habe eine hohe Überzeugungskraft durch persönliche Glaubwürdigkeit. Ich habe Mut und eine klare Chancenorientierung. Ich gehe sehr strategisch und gleichzeitig strukturiert an Aufgaben ran. Weiterhin charakterisieren mich Lernagilität und Entwicklungsbereitschaft und ich bin ein aktiver Netzwerker.

 

Super, diese ganzen Stärken hab ich wirklich und kann sie bei Bedarf durch die Erfolgsgeschichten, also durch Beispiele aus meiner Biographie belegen!

Jetzt noch was zum psychologischen Hintergrund dieses stärkenorientierten Ansatzes.

 

Der Begriff der Signaturstärken kommt aus der positiven Psychologie. Dieser relativ neue Zweig beschäftigt sich nicht mit Krankheiten oder Problemen, sondern damit, was Menschen stark, glücklich und zufrieden macht. Die positive Psychologie ist untrennbar mit dem Namen Martin Seligmann verknüpft. Seligmann, ein berühmter amerikanischer Psychologe, beschäftigt sich seit Mitte der Nuller Jahre damit Menschen auf der Basis ihrer Stärken zu charakterisieren kann. Er hat viel dazu geforscht und einen sogenannten Charakterstärken Test entwickelt. In deutscher Sprache ist dieser unter www.viacharacter.org kostenlos verfügbar. Sie können diesen Test online ausfüllen und erhalten sofort Ihre Auswertung. Ich empfehle den Test, weil er wissenschaftlich fundiert ist. Der Test ist spannend für alle, die sich für ihre Persönlichkeit und für Psychologie interessieren. Die Ergebnisse sind allerdings nicht oder nur sehr indirekt aufs Business anwendbar.

Im Businesscoaching bezeichne ich als Signaturstärken Stärken, die besonders typisch für die berufsbezogene Persönlichkeit sind. Diese Stärken setzt man im beruflichen Kontext besonders gerne ein. Wer seine Signaturstärken einsetzen kann, fühlt sich authentisch, der kann von sich sagen: „Das bin wirklich ich“.

Wir alle sind hochmotiviert, die eigenen Signaturstärken auszuüben und wenn wir das tun, macht und das froh und zufrieden. Kein Wunder also, dass es genau diese Stärken sind, die uns erfolgreich machen!

Andererseits ist es natürlich demotivierend , wenn die eigenen Signaturstärken nicht zum Tragen kommen. Da kann man einfach nicht wirksam sein!

Deshalb lautet meine Empfehlung für Ihr Selbstmarketing: Erarbeiten Sie Ihre Signaturstärken mithilfe Ihrer Erfolgsgeschichten.

Ihre vergangenen Erfolge zu beschreiben ist das erste Kapitel Ihrer zukünftigen beruflichen Erfolgsgeschichte!




#2 Wie virtuelle Kommunikation gut gelingen kann
Der Business Coaching Podcast

In dieser Folge spreche ich mit Coachee Ben Roth über die verschiedenen Möglichkeiten, damit virtuelle Kommunikation gut gelingt sowie Tipps zum Selbstmanagement und zur Teammotivation. Die explizite Kommunikation, Mikropausen als Übergangsritual und die Bedeutung der Beziehungsebene sind unsere Gesprächsthemen. Denn die semivirtuelle, flexible Zusammenarbeit wird für sehr viele Teams das Modell der Zukunft sein.

Das Gespräch in Auszügen:

Vielleicht geht`s Ihnen genauso wie vielen meiner Coachees derzeit: Sie sitzen gefühlt den ganzen Tag in online Meetings. Und sind am Abend erschöpft und ausgelaugt. Wenn meine Coachees mir das erzählen, frag ich Sie manchmal: Was müssten Sie eigentlich tun, damit es noch anstrengender wird? Ich nenne diese paradoxen Fragen „Handstandmethode“. Die Handstandmethode regt dazu an, eine ungewohnte Perspektive einzunehmen. Antworten lasse ich jetzt mal meinen – natürlich fiktiven – Coachee Ben Roth.

 

Ben: Noch anstrengender? Geht kaum – obwohl … vielleicht überhaupt keine Pausen mehr machen. Und mich noch weniger bewegen. Und alle Meetings möglichst lang ansetzen, auf jeden Fall über eine Stunde. Ok, schon klar, ich muss mehr Pausen machen, die Meetings kürzer halten und mich mehr bewegen. Aber warum sind die Videokonferenzen eigentlich so anstrengend?

Da sind erst mal ein paar ganz offensichtliche Gründe zu nennen. In Onlinemeetings schauen Sie ständig auf den Bildschirm, damit Sie nicht abwesend wirken. Dort sehen Sie die anderen nur als kleine Ausschnitte, manchmal in schlechter Bildqualität. Dann ist der Ton vielleicht noch schlecht. Sie strengen sich an, die anderen zu verstehen. Und merken dann vielleicht erst am Abend, dass Sie vor lauter Anspannung einen steifen Nacken haben.

Weitaus interessanter als diese offensichtlichen Gründe sind die psychologischen Hinter-Gründe: Ein reales Meeting ist ganz anders als ein virtuelles. Im realen Meeting lehnen Sie sich auch mal  entspannt zurück und wechseln Blicke mit einzelnen Kollegen. Sie lesen ganz intuitiv und unbewusst die Körpersprache der Anderen. Wie geht es zum Beispiel der Kollegin, die gerade vorträgt? Was denkt sie, was fühlt sie? Das kriegen Sie in realen Meetings ganz automatisch durch ihre Körpersprache mit. Diesen körperlichen Ausdruck von Gedanken und Gefühlen bezeichnen wir Psychologen als Embodiment. Die innere Haltung spiegelt sich in der Körperhaltung, der Stimmlage, dem Gesichtsausdruck wider – und umgekehrt. Das erzeugt bei Gegenüber Resonanz. „Passt“ diese Resonanz, fühlen Menschen sich miteinander wohl und entwickeln Vertrauen. Diese Prozesse laufen wie gesagt weitest gehend unbewusst ab – und sie funktionieren bei virtuellen Meetings ganz einfach nicht! Als Teilnehmer und als Vortragender in einem virtuellen Meeting sind Sie körpersprachlich in einem echolosen Raum. Genau dieses fehlende Echo, diese fehlende Resonanz stresst Ihr Gehirn und Nervensystem enorm. Deshalb brauchen Sie nach einer längeren Videokonferenz ein persönliches Gespräch. Oder zumindest eine kurze Pause. Sonst bleiben Sie auf diesem hohen Stressniveau sitzen und es potenziert sich über den Tag.

Ben: Ich habe meine Termine bisher so gelegt, dass ich immer mehrere Videocalls hintereinander habe. Das werde ich künftig anders planen. Allerdings habe ich natürlich nur bedingt Einfluss darauf. Viele Meetings werden mir einfach eingestellt. Groß Zeit für Pausen bleibt da nicht.

 

Das Problem hat Ben Roth mit vielen meiner Coachees gemeinsam. Ich rate ihnen allen, öfters am Tag und vor allem zwischen den Videocalls sogenannte „Mikropausen“ zu machen. Diese Micropausen dauern nur 2 – 3 Minuten und dienen dazu, sich zwischen Gesprächen und Meetings kurz zu entspannen und tief

durchzuatmen. Durch die tiefe Bauchatmung beruhigt sich Ihr vegetatives Nervensystem. Das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Sie fahren Ihr Stresslevel runter und gehen gelassener und fokussierter in den nächsten Termin.

Mikropausen haben gleichzeitig noch eine zweite Funktion: Sie grenzen die unterschiedlichen Meetings voneinander ab. Mikropausen sind also ein Übergangsritual von einer Rolle zur anderen. Wenn Sie im Office ein Teammeeting moderieren und das zu Ende ist, verlassen Sie den  Besprechungsraum und machen sich auf den Weg. Sie haben aber eine räumliche Veränderung und ein wenig Bewegung bis das nächste Meeting beginnt. Im neuen Meeting sind Sie dann in einer neuen Rolle,  z. B. Mitglied einer Task Force.

Diese räumliche und zeitliche Abgrenzung  entfällt bei virtuellen Meetings komplett. Es sei denn, Sie machen ganz bewusst ein persönliches Übergangsritual wie z. B. eine Mikropause. Damit geben Sie sich selbst die Chance zum Reset und die Chance, den Rollenwechsel „vom Teamleiter zum Task-Force-Mitglied“ bewusst wahrzunehmen. Mein Tipp: gönnen Sie sich zwischen den virtuellen Sessions wenigsten 2 bildschirmfreie Minuten, entspannen Sie sich, fokussieren Sie sich neu – das kommt Ihnen selbst, aber auch ihren Gesprächspartner wirklich sehr zu Gute!

Ben: Ich möchte mit Ihnen noch über meine virtuellen Teammeetings sprechen. Die sind eher kürzer und effizienter. Während einer vorträgt, muten sich natürlich alle anderen und anschließend gibt es nur wenige Fragen. Manche meiner Teammitglieder halten sich da für meinen Geschmack zu sehr zurück.

Vielleicht haben Sie meinen letzten Podcast zum Thema Home Office gehört. Da ging es um unterschiedliche Persönlichkeiten und Motivationsstrukturen und wem das Arbeiten im Home Office mehr, wem weniger liegt. Sehr beziehungsorientierten, wir sagen auch anschlussmotivierten Personen fehlt etwas, wenn sie nur virtuell mit ihren Kollegen kommunizieren können. Introvertierte und sachorientierte Menschen schätzen es dagegen, für sich und ungestört arbeiten zu können. Umso wichtiger, dass Sie als Führungskraft gerade diese zurückhaltenden Teammitglieder aktivieren, um Feedback bitten und einbinden. Es besteht sonst die Gefahr, genau diese Kollegen buchstäblich aus den Augen zu verlieren.

Und noch ein Hinweis zum Thema Teammeeting: Vielen Menschen fällt es schwer, etwas am Bildschirm vorzutragen. Es fehlt das köpersprachliche Feedback, die unbewusste Resonanz, über die ich eingangs schon gesprochen habe. Und es gibt auch kaum sprachliche Rückmeldung. Deshalb sollten Sie als Führungskraft besonders aktiv in die Moderation gehen. Sie können die Teammitglieder zu Fragen und Kommentaren aktiveren und natürlich auch selber Feedback zu geben. Meine Faustregel dazu: Machen Sie nach 5-7 Minuten Präsentation einen Cut und aktivieren Sie die Runde.

Ich möchte an der Stelle auch daran erinnern, dass es in der Kommunikation immer eine Sachebene und eine Beziehungsebene gibt. Auf der Sachebene geben Sie Informationen weiter und stellen sicher, dass alle im Team auf dem gleichen Stand sind. Das ist gerade bei virtuellen Teams natürlich super wichtig und Sie erfüllen damit das Informationsbedürfnis der Kollegen. Doch neben diesem Informationsbedürfnis haben Ihre Teammitglieder noch weitere Bedürfnisse: Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, das Bedürfnis nach Wertschätzung und das Bedürfnis

nach Sinn und Bedeutsamkeit. Es ist nicht leicht, diese Bedürfnisse in der virtuellen Kommunikation zu erfüllen. Aber es ist wichtig! Zahlen, Daten und Fakten zu vermitteln, reicht alleine nicht aus. Das ist sozusagen die „Pflicht“ und gute Pflichtnoten gibt es für Klarheit, Verständlichkeit und Prägnanz. Die Kür in der virtuellen Führung ist es, ein motivierendes Ziel aufzuzeigen. Warum machen wir das Ganze? Welche Vision haben wir? Welchen Beitrag liefert unser Team? Dabei gibt es für Anschaulichkeit, Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit die meisten Punkte.

Ben: Übergeordnetes Ziel ist, dass wir das neue Fertigungskonzept trotz aller Hindernisse fristgerecht abliefern. Da spielt unser Team eine wichtige, ja die entscheidende Rolle und die Potentiale, die wir damit heben, helfen dem Unternehmen gerade jetzt enorm. Und da sind wir, dank dem Einsatz aller, auf einem guten Weg.

Coach: Dann sprechen Sie dies genauso an, diese wir-Formulierungen sind super! Denn Sie stärken das Wir-Gefühl und die Beziehungsebene. Das wird in der realen Kommunikation stark durch Blickkontakt, Mimik, Haltung vermittelt. Das gilt es nun durch explizite Kommunikation auszugleichen. Vielleicht gibt es auch Spielregeln, die Sie im Team aufgestellt haben oder einen Firmenwert, der anerkannt ist, den Sie erwähnen könnten?

 

Ben: Tatsächlich sind Trust und Collaboration zwei ganz wichtige Werte. Die wurden vor einigen Jahren intensiv geschult. Und diese beiden Werte sind tatsächlich in unserer neuen, virtuellen Art der Zusammenarbeit besonders wichtig. Diese Werte kann ich auf jeden Fall öfter mal ansprechen.

 

Jetzt habe ich noch eine Frage zu einem kritischen Mitarbeitergespräch, das bei mir ansteht. Auf jeden Fall ist doch klar, dass ich ein kritisches Gespräch mit einem Mitarbeiter nur persönlich führe. Nachdem was Sie vorher über fehlende Resonanz in der virtuellen Kommunikation gesagt haben. Oder?

 

Das kann ich so pauschal nicht bestätigen. Tatsächlich ist fehlende Resonanz in Meetings besonders anstrengend. Und wenn wir mit unbekannten, völlig unvertrauten Menschen kommunizieren. In einem Einzelgespräch mit einer Person, mit der ich eine positive, vertrauensvolle Beziehung habe, ist das anders. Ich kann diese reale Beziehungserfahrung aus der Vergangenheit in der aktuellen, virtuellen Begegnung wachrufen. Und wir erleben das ja auch im Privatbereich: Facetime mit Familie oder Freunden kann richtig viel Spaß machen.

Kritische Feedbackgespräche sind ja für kaum jemanden eine spaßige Sache, egal ob real noch virtuell. Allerdings haben viele Führungskräfte ohnehin die Tendenz, kritisches Feedback zu vermeiden und Konflikte zu spät anzusprechen. Dabei ist es superwichtig, Kritik und Konflikte rechtzeitig anzugehen. Klar ist es beim ersten Mal ungewohnt, ein Feedbackgespräch über Distanz zu führen. Eine gute Vorbereitung gibt da Sicherheit. Beginnen Sie zunächst mit einem „überschaubar“ kritischen Gespräch. Beim Gespräch, das bei Ben Roth ansteht, geht es um das Thema „Zuverlässiges Ausführen von übertragenen Aufgaben“. Sein Mitarbeiter Daniel ist jung und ehrgeizig und will anspruchsvolle Aufgaben übernehmen, liefert aber nicht die erwarteten Ergebnisse.

Als Coach lade ich Ben Roth zum Perspektivwechsel ein.

„Herr Roth, was meinen Sie, wie sieht die Situation wohl aus Daniels Blickwinkel aus?“

 

Ben: Nun ja, er weiß, dass ich bei vielen Themen sehr genaue Vorstellungen habe und ja, gut sicherlich auch hohe Ansprüche. Es gibt aber auch Themen, bei denen 80 Prozent reichen, Hauptsache wir sind schnell im Liefern. Das kann er wahrscheinlich so noch nicht unterscheiden. Andererseits will er unbedingt meinen Ansprüchen genügen und tolle Ergebnisse vorlegen, um sich für unser Top-Talent-Programm zu empfehlen.

 

Coach: Es klingt so, als ob Sie zunächst mit ihm klären sollten, was er bei der Delegation braucht und wie präzise die Kommunikation sein soll, damit er eigenständig weiterarbeiten kann.

 

Ben: Und dazu brauche ich tatsächlich nicht unbedingt das persönliche Gespräch, sondern eine rasche Klärung. Denn seine vielen Nachfragen machen mich echt ungeduldig.

 

 

Virtuelle Kommunikation ist aus dem Führungsalltag nicht mehr wegzudenken. Das bedeutet für viele Führungskräfte, dass sie ihr Kommunikationsverhalten überdenken und ihr Repertoiere erweitern werden. In der Kommunikation gibt es neben der Sachebene immer auch eine Beziehungsebene. Auf der Beziehungsebene entsteht Nähe, wird Wertschätzung vermittelt, Motivation erzeugt. In der realen Kommunikation werden  Beziehungsbotschaften zu einem großen Teil auf der nonverbalen Ebene gesendet. Blickkontakt, Mimik, Zuwendung und anderes mehr. Das fehlt bei der virtuellen Kommunikation und muss daher explizit sprachlich ausgedrückt werden. Ich finde, das stecken auch großen Chancen drin. Nämlich als Führungskraft die Beziehungsebene sehr viel bewusster zu bespielen und damit am Ende sogar wirkungsvoller zu kommunizieren!




# 1 Führen im Home Office
Der Business Coaching Podcast

Zu diesem Thema habe ich Prof. Miriam Landes zum Gespräch eingeladen. Sie ist Professorin für Wirtschaftspsychologie und Gesellschafterin des Instituts für Unternehmenssteuerung und Veränderungsmanagement in München. Im Juni erscheint im Springer Verlag ihr Buch zum Thema Führen von Mitarbeitern im Home-Office, das sie gemeinsam mit Eberhard Steiner u. a. geschrieben hat.

Das Gespräch in Auszügen:

Karin von Schumann:
Kommunikation ist das A und O der Führung – insbesondere in dieser flexibilisierten Arbeitssituation. Welches sind aus deiner Sicht die zentralen Dos und Don`ts eines Kommunikationskonzepts für flexible Führung?

Miriam Landes:
Kommunikationswege: Welche dürfen, welche sollen und welche dürfen nicht genutzt werden (z.B. wegen Datenschutz), auch wenn sie bequem sind?

Welche Erreichbarkeitszeiten gelten und wann ist Ruhe von der Arbeit?

Welche Anforderungen stellt man an den Heimarbeitsplatz, d.h. inwiefern kann man erwarten, dass Videokonferenzen vor einem neutralen Hintergrund ablaufen und dass man auch Zeiten hat, in denen man ohne Störungen durch die Familie oder Mitbewohnern Telefonate führen kann?

Karin von Schumann:
Neutraler Hintergrund bei Videokonferenzen – ein guter Punkt! Man gewährt im Home-Office Einblick in sein privates Umfeld, das ist vielfach durchaus sympathisch. Wenn es aber um die Ausstrahlung als Führungskraft online geht, ist ein neutraler Hintergrund einer der drei Hauptaspekte. Der zweite übrigens eine helle Ausleuchtung von vorne – man braucht Licht im Gesicht, um gehört zu werden. Tatsächlich, man gewinnt mehr Aufmerksamkeit und Gehör mit einer guten Ausleuchtung. Und dann natürlich den Blick in Richtung Kamera gerichtet – wer diese drei Dinge beachtet, macht seinen eigenen online-Auftritt deutlich professioneller.

Karin von Schumann:
Das Onboarding neuer Mitarbeiter ist ein Thema, das, nun sagen wir mal, nicht in allen Unternehmen optimal gelöst ist. Jetzt könnte man sagen, das ist im Home-Office noch schwieriger. Oder habt ihr ein Patentrezept entwickelt, wie es gelingt?

Miriam Landes:
Es steht und fällt mit einem guten Plan. Ein Onboarding kann funktionieren, wenn man z.B. genau klärt, wann der neue Mitarbeiter mit welchem Kollegen einen Videocall zu welchen Themen hat. Und dann auch Rückfragemöglichkeiten bestehen, man z.B. auch virtuelle Patensysteme hat, man eine/n Ansprechpartner/in hat, die für einen zuständig ist und mit dem man sich virtuell austauschen kann. Man kann hier vieles simulieren, was man im Büroalltag auch tun würde. Vielleicht sogar besser, weil ein geplanter Videocall eine höhere Verbindlichkeit hat, als ein Klopfen an der Tür und das Vertrösten auf später, weil man gerade soviel zu tun hat. Aber was man nicht ersetzen kann, ist das persönliche Kennenlernen und hier sollte man sich überlegen, wie man dieses Kennenlernen organisiert, sei es bei einem gemeinsamen Teamabendessen oder Teamaktivitäten etc.

Karin von Schumann:
Stimmt, das ist generell ein zentraler Aspekt virtueller Teamführung und meine zentrale Empfehlung für Führungskräfte: Möglichst bald ein erstes persönliches Teammeeting oder persönliches Einzelgespräch durchführen. Dadurch entsteht Verbindung, Beziehung, es findet echte Resonanz statt, die die weitere virtuelle Kommunikation wesentlich erleichtert.

Karin von Schumann:
Vertrauen einerseits (dass die Mitarbeiter selbständig arbeiten), Fürsorge andererseits (dass die Mitarbeiter nicht unbegrenzt arbeiten und in die Überlastung kommen) – wie siehst du dieses Spannungsfeld?

Miriam Landes:
Dieses bedeutsame Spannungsfeld tut sich auch unabhängig vom Home-Office auf. Auch im normalen Büroalltag kann man nicht verhindern, dass sich ein Mitarbeiter nach dem Büroarbeitstag noch mit der Arbeit beschäftigt, darüber grübelt oder sogar daheim Konzepte entwirft. Unseren Erfahrungen nach (und Untersuchungen z.B. von Prof. Wüthrich zeigen dies ja auch), sind die meisten Mitarbeiter bereit, mit dem notwendigen Maß ihre Arbeit zu erbringen. Man wird ja nicht eigentlich für das Ergebnis bezahlt und nicht für die abgesessene Zeit. Auch im Büro kann man den Mitarbeiter nicht konstant überwachen und das wäre ja auch aus Motivationssicht absolut katastrophal. Im Normalfall machen die Leute ihre Arbeit, es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies nicht auch daheim der Fall sein wird. Außer bei denen, die am Arbeitsplatz nur ihre Zeit absitzen, die werden das daheim auch tun. Man braucht klare Maßstäbe und Regeln, man muss sensibilisieren und die Mitarbeiter auf die Gefahren einer Überarbeitung hinweisen, man muss wachsam sein, wenn Mitarbeiter stetig in der Nacht E-Mails senden und sollte das auch thematisieren.

Karin von Schumann:
Ich glaube, in der Zeit als wir alle im Home Office waren ist deutlich geworden, dass dies manchen Menschen total liegt, anderen eher weniger. Gibt es dazu wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Erkenntnisse?

Miriam Landes:
Man sollte auch darauf achten, wer überhaupt für Home-Office geeignet ist: Eine Studie (O’Neill et al., 2014) zu „Cyberslacking“ (surfen im Internet zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit) zeigt, dass dieses kontraproduktive Verhalten bei Personen mit den Merkmalen Prokrastination positiv zusammenhängt und negativ mit Ehrlichkeit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit. Die Studie gibt Hinweise darauf, welche Personen eher für eine Tätigkeit im Home- Office geeignet sind bzw. welche Personen eine engmaschigere Überprüfung des täglichen Outputs benötigen.

Karin von Schumann:
Mein Eindruck aus den aktuellen Coachings ist, dass Selbstführung, eigenes Ressourcenmanagement und Work Life Balance im Home-Office für Führungskräfte eine große Herausforderung darstellt. Mein Eindruck aus den Coachings ist, dass persönliche Muster wie etwa schlecht Nein sagen können, sich für alles verantwortlich fühlen im Home-Office sich noch verstärken. Während manche Coachees, die eine gute Selbstfürsorge praktizieren, dies auch im Home-Office inzwischen gut hinkriegen. Führen aus dem Home-Office fällt nicht jedem gleich leicht/schwer. Gibt es Persönlichkeitsunterschiede oder Arten des Führungsstils, die hier eine Rolle spielen?

Miriam Landes:
Eher autoritär orientierte Führungskräfte erleben einen Kontrollverlust, der ihnen zu schaffen machen wird. Dies wird dann durch virtuelle Kontrollmaßnahmen überkompensiert, die sowohl eigene Energie kosten und die Mitarbeiter übermäßig belasten. Kooperative Führungskräfte werden sich etwas schwerer tun den Abstimmungsprozess zu bewerkstelligen und alle einzubeziehen, aber sofern man das Vertrauen in die Mitarbeiter hat, wird es gelingen, auf die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu setzen, angemessen zu delegieren und Kontrolle auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Für charismatische Führungskräfte wird es schwerer, weil ihnen der direkte Kontakt fehlt und die Rückmeldung.

Karin von Schumann:
Wenn wir zum Abschluss mal einen Blick in die Glaskugel werfen – wie sieht die Zukunft des Arbeitens aus? Hat die Krise nun als „Booster“ für flexibles Arbeiten gewirkt?

Miriam Landes:
Auf jeden Fall wird es kaum möglich sein, das Rad zurückzudrehen – oder aus Sicht einiger Führungskräfte den Geist wieder in die Flasche zu bekommen. Es wird sich auf ein Normalmaß auf deutlich höherem Niveau einpegeln. Aber es wird nicht das Büro ersetzen, dafür sind Menschen eben zu sehr soziale Wesen und suchen die Nähe andere Menschen. Die Arbeit bietet einfach eine unkomplizierte Möglichkeit, mit anderen in Kontakt zu kommen. Aber wie gesagt: Home-Office ist gekommen, um zu bleiben.